Aktionsplan zum E-Commerce

Neuer Aktionsplan der Bundesregierung zum E-Commerce

Die Bundesregierung hat kürzlich einen umfassenden Aktionsplan für den Online-Handel (E-Commerce) vorgestellt. Die darin enthaltenden Maßnahmen sollen Rechtsverstößen im Online-Handel entgegenwirken und dabei vor allem die Betreiber der Online-Plattformen (Verkaufsplattformen) in die Pflicht nehmen.

A. Hintergrund

Viele Produkte, die über die Online-Plattformen verkauft werden, stammen aus Drittstaaten und erfüllen oftmals nicht die strengen EU-Vorgaben. In Stichproben stellten Marktüberwachungs- und Zollbehörden wiederholt Verstöße fest, und zwar u.a. bei der Produktsicherheit, dem Verbraucherschutz, den Umwelt- und Gesundheitsvorgaben, Zollbestimmungen und dem geistigen Eigentum. Diese Missstände führen zu unfairen Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen, die sich an die entsprechenden Vorgaben halten müssen. Der Aktionsplan setzt genau da an und soll dabei helfen, die bestehenden Vorschriften konsequenter durchzusetzen. Zudem sollen die Plattformen stärker in die Verantwortung genommen werden.

B. Ausgewählte Maßnahmen

Verstärkte Marktüberwachung und Zollkontrollen

Die Bundesregierung schlägt konzentrierte Aktionen der Marktüberwachungsbehörden in Zusammenarbeit mit den Zollbehörden vor, die koordinierte systematische Kontrollen sowie Testkäufe bei bestimmten Konsumgütern aus EU-Drittstatten durchführen sollen. Dabei soll in Zukunft auch verstärkt auf automatisierte Systeme wie „Webcrawler“ gesetzt werden, welche derzeit von der EU-Kommission entwickelt werden. Zudem soll ein zentraler Datenhub geschaffen werden, um nicht rechtskonforme Produkte EU-weit sichtbar zu machen.

Ausweitung der Befugnisse von Marktüberwachungsbehörden gegenüber Onlineplattformen

Die Bundesregierung setzt sich für eine Anpassung der EU-Marktüberwachungsverordnung (Verordnung (EU) 2019/1020 ein. Danach sollen die Marküberwachungsbehörden geeignete Maßnahmen auch direkt gegenüber den Online-Plattformen ergreifen können, wenn kein verantwortlicher Wirtschaftsakteur identifizierbar oder greifbar ist. Außerdem wird gefordert, dass kostenfreie Probenahmen im Online-Handel genauso wie im stationären Handel möglich sein sollen.

Online-Plattformen als „fiktive Einführer“

Im Rahmen der aktuell laufenden Verhandlungen zur Reform der EU-Zollunion fordert die Bundesregierung, dass Online-Plattformen als „fiktive Einführer“ (deemed importer) eingestuft werden sollen. Demzufolge würde Folgendes für die Plattformen gelten:

  • Sie wären für die Einhaltung von steuerlichen und zollrechtlichen Vorschriften verantwortlich.
  • Sie müssten sicherstellen, dass die importierten Waren den EU-Rechtsvorschriften entsprechen.
  • Die Berechnung und Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer und anderer Abgaben würden in ihre Verantwortung fallen.

Strengere Durchsetzung des Digital Services Acts (DSA)

Der Digital Services Act (DSA) soll durch die EU-Kommission vor allem gegenüber den großen Online-Plattformen (very large online platforms – VLOPs) konsequenter durchgesetzt werden, sobald sie Produkte vertreiben, die nicht im Einklang mit Unionsrecht oder dem Recht der EU-Mitgliedsstaaten stehen.

Die Bundesregierung fordert:

  • volle Ausschöpfung des Sanktionsrahmens der EU-Kommission bis hin zu Geldbußen
  • systematische Testkäufe durch die EU-Kommission, um Verstöße frühzeitig zu erkennen
  • Händler, die ein rechtswidriges Produkt im Sinne des DSA angeboten haben, sollen in der EU-Transparenzdatenbank erfasst werden, damit sie für die zuständigen Justiz- und Verwaltungsbehörden leicht erkennbar sind.

Fazit

Der Aktionsplan zeigt, dass die Bundesregierung den Online-Handel stärker regulieren und bestehende Probleme gezielt angehen möchte. Sie möchte den Plan ausdrücklich fortlaufend fortschreiben und weiterentwickeln. Inwieweit dieser politische Wille in einer kommenden neuen Bundesregierung weiterverfolgt wird und ob die EU-Kommission die geforderten Maßnahmen umfassend umsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Händler und Plattformbetreiber sollten sich dennoch frühzeitig mit den vorgeschlagenen Maßnahmen auseinandersetzen, da Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen im E-Commerce in Zukunft wahrscheinlicher werden. Ein proaktiver Umgang mit den Entwicklungen kann helfen, rechtliche Risiken zu minimieren und Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Zur Vertiefung: Schucht/Öttinger, BB 2022, 2435 ff.; Schucht, BB 2019, 135 ff.

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