Nach ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 22.02.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 50) trat die PKW-EnVKV am 23.02.2024 in Kraft. Seit dem Inkrafttreten müssen alle neu erstellten Labels und Aushänge im Autohaus sowie jede neu gestaltete Werbung den neuen Vorschriften entsprechen, und zwar ohne Vorlauf- oder Übergangszeit! Dies stellt insbesondere die Hersteller und Händler vor beträchtliche Herausforderungen, während für bereits existierende Unterlagen und beworbene Fahrzeuge knappe Übergangsfristen gelten.
A. Hintergrund
Anlass für die Novellierung sind veränderte europäische Vorgaben, die eine Anpassung im nationalen Recht erfordern. Ein wesentlicher Grund für die Novelle ist die europaweite Umstellung des Prüfmessverfahrens zur Ermittlung der Verbrauchs- und Emissionswerte vom früheren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) zum WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure). Die Zweite Verordnung zur Änderung der Pkw-EnVKV setzt die europäischen Vorschriften in das deutsche Rechtssystem um. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in diesem Zuge beschlossen, die Transparenz und Verbraucherinformation im Pkw-Label signifikant zu verbessern: Zukünftig wird die Zuordnung neuer Pkws zu CO2-Klassen auf Basis des absoluten CO2-Ausstoßes der Pkw erfolgen, um es den Verbrauchern zu erleichtern, die Auswirkungen des ins Auge gefassten Pkws auf CO2-Emissionen und das Klima besser einordnen zu können.
B. Neuerungen
Die eingeführten Neuerungen durchziehen den kompletten Verordnungstext und werden nachstehend überblicksartig vorgestellt.
I. Begriffsbestimmungen
In § 2 Pkw-EnVKV wurden im Vergleich zur Vorgängerfassung eine Vielzahl neuer Definitionen eingefügt. Zugleich wurden bestehende Definitionen konkretisiert.
Insbesondere die Definition des Begriffs eines „neuen“ Pkws erfuhr dergestalt eine Ergänzung, dass zwei objektive Kriterien aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 21.12.2011 – I ZR 190/10) zur Bestimmung der Neuheit hinzutraten. Danach ist ein typengenehmigter Pkw, der noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft worden ist, „neu“, sofern seine Erstzulassung zur Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr in dem Zeitpunkt, in welchem er vom Hersteller ausgestellt oder zum Kauf, zur Langzeitmiete oder zum Leasing angeboten oder beworben wird, noch nicht länger als acht Monate zurückliegt oder das Fahrzeug einen Kilometerstand von 1.000 Kilometern oder weniger aufweist.
Auch die Definitionen für „Modell“ und „Verkaufsort“ wurden in relevanten Teilen konkretisiert. Die Begriffe „Langzeitmiete“ und „Energieverbrauch“ wiederum wurden komplett neu eingeführt.
II. Pkw-Label
Das neue Pkw-Label umfasst nunmehr nicht nur die Verbrauchs- und Emissionswerte, sondern nach § 1 Abs. 1 S. 1 Pkw-EnVKV auch Angaben zur Höhe der Kraftfahrzeugsteuer, zu Energiekosten für eine Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometer sowie möglichen CO2-Kosten über die nächsten zehn Jahre bei 15.000 Kilometer Jahresfahrleistung. Darüber hinaus werden die bisherigen Effizienzklassen durch neue CO2-Klassen ersetzt.
1. WLTP-Prüfverfahren
Nachdem auf europäischer Ebene Ende 2018 die Verpflichtung eingeführt wurde, die Verbrauchs- und CO2-Emissionen für Neufahrzeuge auf Grundlage der Verordnung (EU) 2017/1151 vom 01.06.2017 nach dem strengeren und realitätsnäheren WLTP-Prüfverfahren (Worldwide harmonised Light-duty vehicles Test Procedure) zu ermitteln, erhält dieses folgerichtig Einzug in die Novelle. Es löst das bisherige NEFZ-Prüfverfahren (Neuer Europäischer Fahrzyklus) endgültig ab.
2. CO2-Klassen
Künftig werden neue Pkw anhand der absoluten CO2-Emissionswerte eingeteilt (§ 3a Pkw-VKV). Die bisherigen CO2-Effizienzklassen werden abgeschafft und durch sog. CO2-Klassen ersetzt. Die Zuordnung zu einer CO2-Klasse erfolgt nicht mehr anhand der relativen CO2-Emissionen des Pkw im Verhältnis zur Masse, sondern anhand des absoluten Wertes der CO2-Emissionen des Pkw in Gramm CO2 je gefahrenem Kilometer. Insofern ist das Gewicht eines Fahrzeugs nicht mehr unmittelbar von Belang. Die neue Einteilung soll verhindern, dass ein großes Auto aufgrund gleicher CO2-Emissionswerte wie ein kleines ähnlich oder sogar besser eingestuft wird, obwohl es absolut wesentlich mehr CO2 ausstößt. Jeder Pkw wird gemäß dem neuen Label in eine der sieben Klassen von „A“ (grün, null Emissionen) bis „G“ (rot, hohe Emissionen) eingeteilt.
3. CO2-Kosten
Darüber hinaus sind nach den Vorgaben aus Nr. 8 des Teils I der Anlage 1 zur Pkw-EnVKV mögliche CO2-Kosten über die nächsten 10 Jahre bei einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km auf dem neuen Pkw-Label anzugeben. Mit der Ausweisung der Energiekosten soll Verbrauchern verdeutlicht werden, welche finanziellen Belastungen durch die künftige CO2-Bepreisung zu erwarten sind. Es wird prognostiziert, dass die CO2-Preise in Zukunft deutlich steigen werden. Da sich die tatsächliche Höhe des künftigen CO2-Preises allerdings noch nicht mit Sicherheit vorhersehen lässt, werden drei verschiedene CO2-Durchschnittspreise („niedrig“, „mittel“ und „hoch“) über einen Zeitraum von zehn Jahren herangezogen, um drei alternative Berechnungen anzustellen.
4. Doppelte Kennzeichnung für PHEV
Neu ist ebenfalls die doppelte Kennzeichnung bei den sog. Plug-in-Hybriden (PHEV). Da PHEV einen Verbrennungs- und zugleich einen Elektromotor haben, müssen künftig gemäß der Nr. 6 des Teils I der Anlage 1 zur Pkw-EnVKV zwei CO2-Klassen angegeben werden, die sich durch zwei Pfeile in der Farbskala widerspiegeln. Der erste Pfeil gibt weiterhin die Klassifizierung nach dem gewichteten kombinierten Wert an, dem offiziellen Durchschnittswert der CO2-Emissionen im Mischbetrieb von Elektro- und Verbrennungsmotor. Der zweite Pfeil kennzeichnet die CO2-Klasse im reinen Verbrennungsmotor-Betrieb mit entladener Batterie. Verbraucher erhalten damit Einblick, wie sich ihr Nutzungsverhalten auf die Verbrauchskennzahlen des Fahrzeugs auswirken kann. Gleichzeitig wird die Vergleichbarkeit mit den Verbrennern erleichtert.
5. Neue Label für Antriebsart und Energieträger
Des Weiteren wird für jede Antriebsart (Benzin-, Diesel- und Erdgas-Pkw, rein batterieelektrische, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellen-Pkw) ein eigenes Pkw-Label-Muster eingeführt. Dadurch erhalten Kunden umfassendere Einzelinformationen. Zudem wird ein besserer Vergleich zwischen Fahrzeugen mit gleicher Antriebsart ermöglicht.
6. Gebrauchtwagen
Gebrauchte Pkws bleiben nach § 3 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV weiterhin ausdrücklich von den obligatorischen Angaben befreit. Nach S. 2 können jedoch freiwillige Angaben bereitgestellt werden. Sofern hiervon Gebrauch gemacht wird, muss nach Nr. 3 des Teils I der Anlage 1 zur Pkw-EnVKV in der Überschrift des Labels zusätzlich eine klare Kennzeichnung mit dem Hinweis „gebrauchter Pkw“ erfolgen.
7. Pflichtangaben zu verschiedenen Nutzungsszenarien
Neben den kombinierten Verbrauchswerten werden Informationen zu vier verschiedenen Fahrtmodi („Innenstadt“, „Stadtrand“, „Landstraße“, „Autobahn“) definiert, um den Verbrauchern zusätzliche Informationen entsprechend ihrer individuellen Nutzung zu bieten. Für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge (BEV) und die oben schon erwähnten PHEV müssen zusätzlich der Stromverbrauch und die elektrische Reichweite angegeben werden (§ 1 Abs. 1 S. 2 Pkw-EnVKV). Dies gilt gleichermaßen für den Hinweis direkt am Fahrzeug, den Aushang für alle Fahrzeuge in der Verkaufsstelle und den Leitfaden nach § 4 Pkw-EnVKV.
IV. Bewerbung von Fahrzeugen
Die novellierte Verordnung strebt Kohärenz zwischen den gedruckten Werbematerialien einerseits und elektronischer Werbung andererseits an. Dies geschieht vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von Online-Verkaufsplattformen und virtuellen Verkaufsräumen sowie des zunehmenden Einflusses sozialer Medien auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher. Daher wird angenommen, dass Verbraucher in allen Kanälen ein gesteigertes Interesse daran haben, umfassende Informationen über die Eigenschaften von Pkws zu erhalten.
Gemäß der Pkw-EnVKV müssen zukünftig sowohl in Werbeschriften als auch bei Werbung im Internet (einschließlich sozialer Medien und Videoportalen) sowie in elektronisch verbreiteten Werbematerialien und Werbematerialien auf elektronischen, magnetischen oder optischen Speichermedien Angaben zum Energieverbrauch, den CO2-Emissionen und der CO2-Klasse bzw. den CO2-Klassen gemacht werden.
V. Übergangsregelungen
Auffällig sind die in der Verordnung niedergelegten, kurzen Übergangsfristen für die Weiterverwendung von Werbematerial, Hinweisen, Aushängen und Leitfäden. Danach darf die Werbung im Internet nach § 9 Abs. 1 Pkw-EnVKV nur noch bis zum 01.05.2024 nach den bisherigen Anforderungen der Pkw-EnVKV weiterverwendet werden. Für Werbeschriften (Printwerbung) und elektronische, magnetische oder optische Speichermedien läuft eine Übergangsfrist bis zum 01.08.2024. Für die Umstellung von Hinweisen und Aushängen am Verkaufsort der Händler gilt nach § 10 Pkw-EnVKV ebenfalls der 01.05.2024, für Leitfäden hingegen der 14.07 2024.
Zu den Übergangsfristen gibt es inzwischen eine Handreichung des BMWK.
Fazit und Ausblick
In Anbetracht der kontinuierlichen technologischen Entwicklungen und der zunehmenden Verbreitung von Fahrzeugen mit elektronischen Antrieben sollte die Verordnung regelmäßig auf mögliche Anpassungen hin überprüft werden. Die Europäische Kommission plant bis zum 31.12.2024 eine Überprüfung der Richtlinie 1999/94/EG über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen, um festzustellen, ob Anpassungen erforderlich sind. Aus diesem Grund wird auch das BMWK die Pkw-EnVKV zeitnah erneut überprüfen, einen Bericht mit Vorschlägen zur Weiterentwicklung und Änderung veröffentlichen und voraussichtlich bereits 2025 eine weitere Überarbeitung dieser Verordnung vorschlagen.
Für die Praxis sieht die Pkw-EnVKV mit ihren Übergangsfristen von drei bzw. sechs Monaten für bestehende Hinweise und Werbungen eine relativ kurze Zeitspanne für die Umstellung vor. Dies stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Angesichts der bekannten, insbesondere auch wettbewerbsrechtlichen Risiken im Zusammenhang mit falschen Angaben tun die von der Regulierung Betroffenen dennoch gut daran, die neuen Vorgaben rechtzeitig und vollständig umzusetzen.
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