Einwegkunststofffondsgesetzes

Entwurf des Einwegkunststofffondsgesetzes

Die Bundesregierung hat am 22.07.2022 den Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung bestimmter Regelungen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt. Das in Art. 1 gefasste EWKFondsG stellt den vorerst letzten Schritt zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtline (EU) 2019/904 dar.

Im Vergleich zum Referentenentwurf vom 23.03.2022 enthält der nun vorgelegte Entwurf (im Folgenden „EWKFondsG-E“) im Wesentlichen nur redaktionelle Änderungen. Inhaltlich wird nach wie vor die erweiterte Herstellerverantwortung nach Art. 8 Abs. 1 bis 7 Richtlinie (EU) 2019/904 in nationales Recht überführt. Zentrales Element des neuen Einwegkunststofffondsgesetzes ist dementsprechend ein vom Umweltbundesamt (UBA) verwalteter Einwegkunststofffonds. Dieser von den Herstellern der betroffenen Produkte finanzierte Fonds dient dem Ersatz der bei öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und sonstigen anspruchsberechtigten juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Entsorgung und Reinigung im öffentlichen Raum anfallenden Kosten. Bisher wurden diese von der Allgemeinheit getragen.

A. Anwendungsbereich

Der Entwurf des Einwegkunststofffondsgesetzes regelt insbesondere die Produktverantwortung im Sinne von § 23 Abs. 1 bis 3 KrWG der Hersteller von Einwegkunststoffprodukten nach Anlage 1 EWKFondsG-E.

Die Legaldefinition des Einwegkunststoffprodukts in § 3 Abs. 1 EWKFondsG-E entspricht § 2 Nr. 1 EWKKennzV (unsere News dazu: EWKKennzV) und § 2 Nr. 1 EWKVerbotsV (unsere News dazu: EWKVerbotsV).

Anlage 1 listet abschließend folgende betroffene Produktgruppen auf:

  • To-Go-Lebensmittelbehältnisse
  • Tüten- und Folienverpackungen mit Lebensmittelinhalt zum To-Go-Verzehr
  • Getränkebecher und -behälter einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel
  • Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 50 μm
  • Feuchttücher
  • Luftballons
  • Tabakfilter(produkte)

Hersteller im Sinne des § 3 Nr. 3 EWKFondsG-E ist, wer als im Geltungsbereich des Gesetzes niedergelassener Erstinverkehrbringer gewerbsmäßig Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1 EWKFondsG-E auf dem Markt bereitstellt oder solche, bei Vertrieb aus dem Ausland, unmittelbar an private Haushalte oder andere Nutzer verkauft.

Ob diese Kriterien vorliegen, kann gemäß § 22 EWKFondsG-E auf Antrag des Herstellers, des Bevollmächtigten oder nach pflichtgemäßem Ermessen durch das UBA festgestellt werden.

B. Einwegkunststofffonds

Durch die §§ 4 bis 6 EWKFondsG-E wird beim UBA ein Einwegkunststofffonds eingeführt. Zudem wird seine Verwaltung sowie Finanzierung geregelt. Zweck ist die Erstattung der in § 3 Nr. 12 bis 16 legaldefinierten Kosten. Die Finanzierung erfolgt durch die Hersteller, welche gemäß § 12 EWKFondsG-E zur Entrichtung einer Sonderabgabe, der sog. Einwegkunststoffabgabe, verpflichtet sind.

C. Herstellerpflichten

I. Registrierung

Nach § 7 EWKFondsG-E haben sich die Hersteller vor Aufnahme ihrer Tätigkeit über das vom UBA nach § 8 Abs. 1 EWKFondsG-E zur Verfügung gestellte informationstechnische System mit den in Abs. 2 genannten Angaben zu registrieren. Hersteller die ihre Tätigkeit bereits vor Inkrafttreten der Norm aufgenommen haben, müssen sich gemäß § 29 Abs. 2 EWKFondsG-E bis zum 31.12.2024 registrieren. Nach § 7 Abs. 5 S. 1 EWKFondsG-E veröffentlicht das UBA die registrierten Hersteller sodann, vergleichbar mit den schon bestehenden Registern nach ElektroG, BattG und VerpackG, auf seiner Internetseite.

Soweit die Angaben nach § 7 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1 bis 4 EWKFondsG-E bereits durch die Registrierung nach § 9 des Verpackungsgesetzes bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister vorliegen, ist das UBA bei Zustimmung des Herstellers verpflichtet und befugt, die dort zur Verfügung stehenden Daten zu erheben, zu speichern und zu verwenden. Das UBA übermittelt des Weiteren bis zum 31.01. eines jeden Jahres Datenteile aller im vorangegangenen Kalenderjahr registrierten Hersteller an die genannte Zentrale Stelle und das Statistische Bundesamt, soweit dies für deren Aufgabenerfüllung jeweils erforderlich ist, § 8 Abs. 3 und 4 EWKFondsG-E.

Produkte von nicht in diesem Sinn (ordnungsgemäß) registrierten Herstellern dürfen nach § 9 EWKFondsG-E nicht erstmals am Markt bereitgestellt, verkauft oder gewerbsmäßig zum Verkauf angeboten werden. Darüber hinaus dürfen Betreiber von elektronischen Marktplätzen ein solches Anbieten nicht ermöglichen, und Fulfillment-Dienstleister dürfen in Bezug auf solche Produkte keine Dienstleistungen erbringen. Auch hier wird es also zu einem Gleichlauf mit den Vorgaben insbesondere aus dem VerpackG kommen.

II. Bevollmächtigung

Nicht in Deutschland niedergelassene Hersteller müssen gemäß § 10 EWKFondsG-E schriftlich und in deutscher Sprache einen Bevollmächtigten beauftragen, der die Herstellerpflichten, mit Ausnahme der Registrierung nach § 7 Abs. 1 EWKFondsG-E und der Meldung nach § 11 Abs. 1 EWKFondsG-E, erfüllt. Der Bevollmächtigte gilt insoweit als Hersteller und erfüllt die Pflichten im eigenen Namen.

III. Meldepflichten

Nach § 11 Abs. 1 EWKFonds-G haben Hersteller „jährlich bis zum 15. Mai dem UBA die von ihnen im vorangegangenen Kalenderjahr erstmals auf dem Markt bereitgestellten oder verkauften Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1, aufgeschlüsselt nach jeweiliger Art und Masse, in Kilogramm, zu melden. Die Meldung bedarf der Prüfung und Bestätigung durch einen registrierten Sachverständigen im Sinne von § 3 Absatz 15 des Verpackungsgesetzes oder einen nach § 27 Absatz 2 des Verpackungsgesetzes registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer. Die Bestätigung ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen und vom Hersteller dem UBA zusammen mit der Datenmeldung und dem Prüfbericht elektronisch zu übermitteln.“ Hierzu stellt das UBA ein einheitliches elektronisches Formular zur Verfügung, regelt das nähere Verfahren und veröffentlicht die Daten jährlich bis zum 31.12. auf seiner Internetseite. Bei Verdacht der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit kann das UBA vom Hersteller weitere Unterlagen verlangen. Wird der Verdacht nicht ausgeräumt, gilt die Meldung als nicht abgegeben. Dies wäre bei einem bloßen Verdacht eine enorm weitreichende Konsequenz. Hat ein Hersteller keine Meldung abgegeben, nimmt das UBA auf der Grundlage vorangegangener Meldungen sowie anderweitig verfügbarer Daten eine Schätzung vor, § 13 Abs. 2 EWKFondsG-E. Von der Meldepflicht ist gemäß § 11 Abs. 4 EWKFondsG-E befreit, wer im vorangegangenen Kalenderjahr insgesamt weniger als 100 kg Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1 erstmals auf dem Markt bereitgestellt oder verkauft hat.

Die Meldepflicht ist für Hersteller von besonderer Bedeutung, weil sich die jährlich in einem Abgabenbescheid festgesetzte Einwegkunststoffabgabe nach § 13 Abs. 1 S. 2 EWKFondsG-E durch Multiplikation der Masse mit dem jeweiligen Abgabensatz berechnet. Die Abgabensätze werden nach § 14 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) nach Anhörung der beteiligten Kreise ohne Zustimmung des Bundesrates bis zum 31. Dezember 2023 für jede Art eines Einwegkunststoffproduktes in Euro pro Kilogramm nach Maßgabe von Anlage 2 durch Rechtsverordnung festgelegt. Sie sind regelmäßig, mindestens alle fünf Jahre, zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen.

D. Pflichten der Anspruchsberechtigten

Nach § 15 Abs. 1 EWKFondsG-E müssen öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts, die eine Erstattung ihrer Kosten nach Anlage 2 geltend machen wollen, beim UBA mit den in Abs. 2 genannten Angaben registriert sein. Das Verfahren entspricht dem der Herstellerregistrierung. Die Erstattung setzt gemäß § 17 Abs. 1 EWKFondsG-E voraus, dass der Anspruchsberechtigte bis zum 15.05. des betreffenden Jahres Angaben zu den die Kosten im Sinne des § 3 Nr. 12 bis 15 EWKFondsG-E verursachenden Leistungen gemacht hat.

Die Auszahlung der Mittel erfolgt sodann gemäß § 19 EWKFondsG-E nach einem durch eine weitere Rechtsverordnung festzulegenden Punktesystem. Der Punktwert wird jährlich zum 30.09. bekanntgegeben und entspricht nach § 20 Abs. 1 EWKFondsG-E dem Quotienten aus den zur Auszahlung zur Verfügung stehenden Ausgabemitteln aus dem Einwegkunststofffonds (Gesamtauszahlungsbetrag) und der Anzahl der Punkte aller Anspruchsberechtigten (Gesamtpunktzahl).

E. Sanktionen

Für vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die genannten Herstellerpflichten sieht § 26 EWKFondsG-E ein Bußgeld von bis zu EUR 100.000 vor. Ordnungswidrig in Verkehr gebrachte Gegenstände können zudem gemäß § 27 EWKFondsG-E eingezogen werden.

F. Einbindung in das bestehende Regelungssystem

Das EWKFondsG soll als Umsetzungsakt der Richtlinie (EU) 2019/904 in ein Geflecht nationaler Regelungen eingebunden werden. Zu nennen ist insbesondere die Einwegkunststoffverbotsverordnung, die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung  und das Verpackungsgesetz (unsere News dazu: Novelle VerpackG). Letzteres wird nunmehr durch Art. 2 des Entwurfs dahingehend geändert, dass es sich in den §§ 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 30, 31; 27 Abs. 4 nunmehr auf das EWKFondsG bezieht. Dies stellt das Gegenstück zum in § 8 EWKFondsG-E enthaltenen Datenaustausch dar.

G. Weiterer Verfahrensgang

Das nunmehr durchgeführte Notifizierungsverfahren gegenüber der EU-Kommission dient dazu, potenzielle Handelshemmnisse bereits im Entwurfsstadium zu vermeiden. Die Stillhaltefrist wird am 24.10.2022 enden. Bis dahin eingegangene Bemerkungen der WTO-Mitglieder werden gemäß dem TBT-Übereinkommen erörtert. Anschließend kann das nationale Gesetzgebungsverfahren fortgeführt werden. Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist aktuell frühestens Ende des 1. Quartals 2023 zu rechnen.

Nach Art. 3 Abs. 2 des Entwurfs sollen sowohl die Vorschriften zur Abgabepflicht als auch zur Registrierungspflicht am 01.01.2024 in Kraft treten. Die Vorschriften zur jährlichen Datenmeldung treten hingegen erst am 01.01.2025 in Kraft, sodass die Datenmeldungen erstmals bis zum 15.05.2025 vorgenommen werden müssen, wobei sich die zu übermittelnden Daten auf das dann abgeschlossene Kalenderjahr 2024 beziehen. Im Übrigen tritt das Gesetz am Tag der Verkündung in Kraft.

Fazit

Durch das EWKFondsG wird zum einen eine Marktzugangssperre für nicht registrierte Hersteller errichtet. Hersteller sind zum anderen gut beraten, ihren Mitteilungspflichten nachzukommen, da im Falle einer Schätzung nicht nur ein Bußgeld droht, sondern erfahrungsgemäß auch ein sog. Schätzungszuschlag zu Lasten der Hersteller angenommen wird. Erhebliche Rechtsunsicherheit besteht allerdings weiterhin hinsichtlich der konkreten Höhe der Einwegkunststoffabgabe, da diese ganz wesentlich von den erst noch zu erlassenden Rechtsverordnungen abhängt. Hier besteht jedoch für die Industrie über die Einwegkunststoffkommission eine nicht zu unterschätzende Einflussmöglichkeit.

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