Entwurf einer EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR-E) – die wesentlichen Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments

Entwurf einer EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR-E) – die wesentlichen Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments

Am 30.06.2021 veröffentlichte die Kommission ihren Vorschlag einer Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR-E), welche die Richtlinie 2001/95/EG vom 03.12.2001 (sog. Allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie) ersetzen soll. Trotz grundsätzlicher Zustimmung, das europäische Produktsicherheitsrecht mittels einer Verordnung zu reformieren, kritisierte das Parlament den Entwurf der Kommission in mehreren Hinsichten und brachte daher Ende letzten Jahres weitreichende Änderungsvorschläge im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ein.

Zu den wesentlichen Änderungsvorschlägen gehören:

Präzisierung der Begriffsbestimmungen und verhältnismäßigere Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure

  • Einführung mehrerer notwendiger Klarstellungen zu Schlüsseldefinitionen wie „Produkt“ und „sichereres Produkt“, um den Behörden und den Wirtschaftsakteuren mehr Sicherheit zu bieten. Die Überarbeitung sollte der Vermeidung von Gerichtsverfahren und einer nicht einheitlichen Anwendung der Verordnung dienen.
  • Eine Umstrukturierung von Kapitel II über die Sicherheitsanforderungen, um alle Phasen, die zur Sicherheitsbewertung durch den betreffenden Wirtschaftsakteur und zur Sicherheitsvermutung führen, näher zu erläutern.
  • Änderung des Pflichtenkanons, z.B. in Bezug auf die Vorgaben für Hersteller hinsichtlich technischer Unterlagen und eingegangener Beschwerden (Art. 8 GPSR-E), um die Verhältnismäßigkeit beim Umgang mit kleinen Erzeugern und Sektoren mit geringem Risiko zu wahren.

Digitalisierung der Informationen

  • Einführung des Art. 19a GPSR-E („Anforderungen an Informationen in elektronischem Format“), um im digitalen Zeitalter den Wirtschaftsakteuren die Möglichkeit zu geben, einige wichtige Informationen in digitaler Form bereitzustellen (z. B. technische Dokumentation, Anleitung und Sicherheitsinformationen).
  • Dadurch werden Transparenz und Produktsicherheit erhöht und gleichzeitig der Verwaltungsaufwand für die Wirtschaftsakteure verringert.

Online-Vertrieb aus Drittländern

  • Unsichere Produkte aus Drittländern, die online verkauft werden, sollten nicht in den Binnenmarkt gelangen. Um die hieraus resultierenden neuen Herausforderungen bewältigen zu können, muss ein pragmatischer und verhältnismäßiger Weg gefunden werden.
  • Die Ausweitung der sog. verantwortlichen Person in Art. 15 GPSR-E sollte nach dem Europäischen Parlament auf diejenigen Produktkategorien beschränkt werden, bei denen die Notwendigkeit einer solchen Bestimmung nachweislich besteht.

Online-Marktplätze

  • Art. 20 GPSR-E („Besondere Pflichten der Online-Marktplätze im Zusammenhang mit der Produktsicherheit“) wurde um gezielte Verpflichtungen für Online-Marktplätze erweitert, die sich an bewährten Verfahren und bereits bestehenden freiwilligen Initiativen orientieren. Dadurch sollen Verbraucher besser informiert werden, insbesondere über Maßnahmen, die in Bezug auf gefährliche Produkte ergriffen werden, sowie über mögliche Abhilfen.
  • Stärkung des Informationsaustausches zwischen Plattformen, Händlern und Marktüberwachungsbehörden.
  • Mit dem neu eigefügten Art. 20a GPSR-E („Zusätzliche freiwillige Verpflichtungen von Online-Marktplätzen“) sollen Online-Marktplätze zusätzliche und freiwillige Verpflichtungen in Form von Absichtserklärungen eingehen, um weitere konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Produktsicherheit zu ergreifen. Zu solchen Zielen und Maßnahmen zählen:
    • Maßnahmen zur Verhinderung des erneuten Auftauchens gefährlicher Produkte im Internet
    • Nutzung des potenziellen Einsatzes neuer Technologien für eine bessere Marktüberwachung
    • Investitionen in Schulungen für Online-Händler

Netz für Verbrauchersicherheit und internationale Zusammenarbeit

  • In Art. 28 GPSR-E („Netzwerk für Verbrauchersicherheit“) wurden neue Bereiche der Zusammenarbeit hinzugefügt und die Ziele präzisiert, um die bestehende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und der Kommission zu stärken.
  • Die Änderungsvorschläge in Bezug auf den Art. 36 GPSR-E („Internationale Zusammenarbeit“) zielen auf die Sicherstellung des allgemeinen Sicherheitsniveaus und gleicher Wettbewerbsbedingungen ab.

Sanktionen und Inkrafttreten

  • Die Vorschläge der Änderungen der Sanktionsbestimmungen dienen dazu, der Art und der Schwere der Zuwiderhandlung besser gerecht zu werden.
  • Der Zeitpunkt des Geltungsbeginns der Verordnung soll nach den Vorstellungen des Europäischen Parlaments von sechs auf zwölf Monate nach ihrem Inkrafttreten verlängert werden, da der vorgesehene Zeitrahmen für die Umsetzung in Anbetracht der erheblichen Änderungen bisher zu kurz sei.

Zwischenzeitlich hat der Rat einen Kompromissvorschlag erarbeitet, den wir demnächst in unserem Blog analysieren.

Haben Sie zu dieser News Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Dr. Gerhard Wiebe