Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens und stellt sodann einige der relevantesten Neurungen und bestehenden Kontroversen in aller Kürze vor.
Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Das Gesetzgebungsverfahren wird als ordentliches Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV durchgeführt, sodass sich an den Entwurf seitens der EU-Kommission (abrufbar unter: COM/2020/798 final) nun die erste Lesung im EU-Parlament anschließen wird. Diese ist nach einem Statusbericht des Europäischen Rates in der Parlamentssitzung im Februar 2022 geplant, sodass ein Inkrafttreten der Verordnung zum ursprünglich von der EU-Kommission vorgesehenen Zeitpunkt am 01.01.2022 (Art. 79 des Entwurfs) bereits aus diesem Grund ausgeschlossen ist. Darüber hinaus haben die vier beteiligten Ausschüsse des EU-Parlaments in ihren jeweiligen Stellungnahmen insgesamt mehr als 700 Änderungsanträge unterbreitet, die zumindest im weiteren Gesetzgebungsverfahren im EU-Parlament zu berücksichtigen sein werden und vielfach erhebliche Abweichungen und Ausweitungen im Vergleich zum ursprünglichen Kommissionsentwurf enthalten (Stellungnahmen abrufbar unter: TRAN, ITRE, IMCO (1) und IMCO (2), ENVI).
Neue Batteriekategorie(en)
Auf Grund des bereits jetzt starken und für die Zukunft angestrebten enormen Marktwachstums für die Elektromobilität, in Kombination mit den tatsächlichen Besonderheiten der zum Antrieb von Elektrofahrzeugen verwendeten Batterien, hat sich die EU-Kommission entschieden, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und neben den bekannten Batteriekategorien (Geräte-, Industrie- und Fahrzeugbatterien) eine neue Kategorie der „Traktionsbatterien“ einzuführen. Nach der in Art. 2 Nr. 12 des Kommissionsentwurfs vorgesehen Definition ist eine „‘Traktionsbatterie’ eine Batterie, die speziell für die Traktion von Hybrid- und Elektrofahrzeugen für den Straßenverkehr ausgelegt ist.“ Demnach würden diese nicht mehr wie bisher den Industriebatterien zuzuordnen sein.
Demgegenüber ist der neue Regulierungsansatz für Batterien in sog. leichten Verkehrsmitteln, wie E-Bikes und E-Scootern, noch unklar. Die ursprüngliche Intention der EU-Kommission war es, die in derartigen Anwendungen zum Einsatz kommenden Batterien als Gerätebatterien einzustufen (vgl. Erwägungsgrund (12)) und damit die bisherige Zuordnung zu den Industriebatterien aufzugeben. Demgegenüber sieht die Stellungnahme des ENVI vor, ebenfalls eine vollständig eigene Batteriekategorie für Batterien für leichte Verkehrsmittel einzuführen, um ebenfalls dem erheblichen Marktanteil und dessen prognostizierter Zunahme Rechnung zu tragen (vgl. Änderungsanträge 2 und 45).
Nachhaltigkeits- und Sicherheitsanforderungen
Die Nachhaltigkeits- und Sicherheitsanforderungen in Kapitel II des Entwurfs stellen das regulatorische Herzstück der neuen Lebenszyklusregulierung dar und führen, abgesehen von den schon unter der Batterierichtlinie bestehenden Stoffbeschränkungen, vollkommen neue Regelungen ein. In diesem Kontext sind zu nennen:
- CO2-Fußabdruck über den ganzen Lebenszyklus einer Batterie, d.h. von der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung der eigentlichen Batteriekomponenten und den Transport zum Endkunden bis hin zur Sammlung, Verwertung und Entsorgung von Altbatterien (Art. 7 in Verbindung mit Anhang II).
- Recyclinggehalt in neuen Batterien in Bezug auf Kobalt, Blei, Lithium und Nickel. Während in einer ersten Phase nur die Angabe des tatsächlichen Recyclinggehalts erforderlich ist, werden in zwei weiteren Stufen zunehmende Mindesrezyklatanteile verpflichtend.
- Anforderungen an die Leistung und Haltbarkeit.
- Entfernbarkeit und Austauschbarkeit von Gerätebatterien; in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei dem Grunde nach um eine originär den Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten betreffende Pflicht handelt, die in einer reinen Batterieverordnung systemfremd ist.
- Sicherheit von stationären Energiespeichersystemen
Auch in diesem Bereich schlagen die Ausschuss-Stellungnahmen umfassende (Detail-)Anpassungen vor. Dies betrifft insbesondere die Anwendbarkeit der einzelnen Pflichten auf verschiedene Batteriekategorien und den jeweiligen Geltungsbeginn der einzelnen Pflichten bzw. festzulegende Übergangsfristen.
Kennzeichnung und Informationsanforderungen
Mit den Vorgaben aus Kapitel III des Entwurfs sollen die bereits bestehenden Kennzeichnungsanforderungen um zahlreiche Elemente ausgeweitet werden. Nach dem insoweit einschlägigen Anhang VI zum Entwurf werden zukünftig beispielsweise in der Batterie enthaltene gefährliche Stoffe (definiert in Art. 2 Nr. 41 über einen Verweis auf bestimmte Gefahrenklassen der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 [CLP]), das Datum der Fertigung und das Datum des Inverkehrbringens auf der Batterie anzugeben sein.
Hinzu kommt ein Novum der verpflichtenden Produktkennzeichnung – jede Batterie soll künftig mit einem QR-Code gekennzeichnet sein, der Zugang zu allen Kennzeichnungsinformationen und zahlreichen darüber hinausgehenden Informationen und Berichten bieten muss, die im Rahmen der Erfüllung anderer Pflichten nach der Batterieverordnung zu geben bzw. zu erstellen sind. Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kennzeichnung mit dem QR-Code trotz der Verknüpfung mit allen erforderlichen Kennzeichnungselementen nach der gegenwärtigen Konzeption nicht dazu führen wird, dass die physischen Kennzeichnungselemente auf der Batterie (oder im Ausnahmefall auf der Verpackung und/oder den Begleitunterlagen) entfallen können. Es handelt sich mithin um eine echte Doppelkennzeichnung. In diesem Kontext muss die Frage gestellt werden, ob eine hundertprozentige Doppelung der in Anhang VI Teil A und B genannten Kennzeichnungselemente auf der Batterie und über den QR-Code tatsächlich einen Mehrwert bietet oder ob nicht zu Gunsten einer übersichtlichen physischen Kennzeichnung bestimmte Elemente auch nur über den QR-Code abgedeckt werden können bzw. jedenfalls der QR-Code eine Ausweichmöglichkeit bei Unmöglichkeit der Kennzeichnung der Batterie mit allen verpflichtenden Elementen sein kann.
Über die Kennzeichnungsanforderungen hinaus soll für wiederaufladbare Industriebatterien und Traktionsbatterien ein Batteriemanagementsystem verpflichtend werden, welches Daten zu Parametern für die Bestimmung des Alterungszustands und der voraussichtlichen Lebensdauer der Batterie enthalten und für den rechtmäßigen Erwerber einer Batterie jederzeit zugänglich sein muss. Dadurch soll offensichtlich der Zweitmarkt für Gebrauchtbatterien gestärkt werden, was einerseits in einem Zielkonflikt zur Einsatzpflicht für Recyclingmaterialien aus Altbatterien steht und andererseits wiederum eine Pflicht ist, die ein reiner Batteriehersteller nicht erfüllen kann, da die Zugangsmöglichkeiten in aller Regel vom Design der Geräte und Fahrzeuge abhängen wird, in denen die Batterie enthalten ist.
Konformitätsbewertung
Um das Vertrauen in den Batteriemarkt zu stärken, die Erzeuger stärker zu verpflichten, die Vorgaben der Batterieverordnung einzuhalten und den Marktüberwachungsbehörden den Vollzug zu erleichtern, wird in Kapitel IV des Entwurfs die Pflicht zur Konformitätsbewertung für Batterien eingeführt. In Verbindung mit den Konkretisierungen in Anhang VIII sehen die Art. 15 und 17 zwei Arten von Konformitätsbewertungsverfahren vor, die sich nach den anwendbaren Pflichten und den betroffenen Batterien richten – so hat entweder eine rein interne Fertigungskontrolle oder eine interne Fertigungskontrolle mit überwachter Prüfung durch eine notifizierte Stelle zu erfolgen. Unabhängig vom konkreten Verfahren wird jedenfalls in Zukunft eine EU-Konformitätserklärung für und eine CE-Kennzeichnung von Batterien verpflichtend werden. Damit wird das Batterierecht insoweit letztlich den seit Langem bekannten CE-Rechtsakten angeglichen.
Sorgfaltspflichten in der Lieferkette
In Art. 39 in Verbindung mit Anhang X des Entwurfs sind umfangreiche Sorgfaltspflichten in der Lieferkette vorgesehen, die von allen Wirtschaftsakteuren zu erfüllen sind, die bestimmte Batterien in Verkehr bringen (also erstmalig auf dem EU-Markt bereitstellen). Die Sorgfaltspflichten betreffen einerseits die relevanten Rohstofflieferketten für Kobalt, natürliches Grafit, Lithium, Nickel und bestimmte chemische Verbindungen aus diesen Rohstoffen und andererseits Aspekte wie Menschenrechte, Umweltbelange, menschliche Gesundheit und Arbeitsschutz. Zwar sind die neuen Vorgaben an die bereits bestehende Verordnung (EU) 2017/821 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (sog. Konfliktmineralienverordnung) und an den ebenfalls vorliegenden Vorschlag einer Richtlinie zur Sorgfalts- und Rechenschaftspflicht von Unter-nehmen angelehnt, enthalten im Detail aber signifikante Abweichungen. Dies wird die Um-setzung in Fällen, in denen mehrere Anwendungsbereiche innerhalb eines Unternehmens gleichzeitig eröffnet sind, nicht erleichtern. Im Gegenteil wird es zu einer massiven Zunahme an Aufwendungen für die Lieferkettenkommunikation führen.
Weiterhin ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch eine notifizierte Stelle überprüft werden muss, sodass Compliance mit den einschlägigen Vorgaben unumgänglich werden wird. Zweitens schlagen die Stellungnahmen der Parlamentsausschüsse überwiegend sogar vor, die Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch den Erzeuger der Batterie zu einer Verkehrsfähigkeitsvoraussetzung für die Batterie (in der gesamten Lieferkette) zu machen und den nachgelagerten Wirtschaftsakteuren insoweit eine Prüfpflicht aufzuerlegen.
Batteriepass
Die letzte neue Vorgabe, die in diesem Beitrag vorgestellt werden soll, ist die Pflicht nach Art. 65 des Entwurfs, Industrie- und Traktionsbatterien ab dem 01.01.2026 eine batterieindividuelle elektronische Akte (sog. Batteriepass) zuzuordnen. Dieser muss online und mittels einer auf der Batterie aufgedruckten oder eingravierten Kennung zugänglich sein. Der Batteriepass hat umfassende Informationen von der Nennung des Batterieerzeugers, über die Zusammensetzung der Batterie bis hin zu Angaben zum CO2-Fußabdruck, zur erwarteten Lebensdauer und bestimmten Angaben zum Betrieb zu enthalten.
Ausblick
Auf Grund der Tatsachen, dass das Gesetzgebungsverfahren zur Batterieverordnung nun schon seit einem Jahr ohne substanziellen Fortschritt läuft und die im EU-Parlament mit dem Thema befassten Ausschüsse eine schier unglaubliche Anzahl an Änderungsanträgen vorgebracht haben, ist davon auszugehen, dass das Gesetzgebungsverfahren nicht alsbald abgeschlossen werden wird. Unterstützt wird diese Annahme dadurch, dass bereits zahlreiche EU-Mitgliedstaaten signalisiert haben, dass sie erhebliche Vorbehalte gegen einen Großteil der vorgesehenen neuen Verpflichtungen haben. Dennoch darf dies keineswegs dazu führen, dass die Entwicklungen rund um den Entwurf der Batterieverordnung vorerst nur am Rande verfolgt werden sollten, denn zahlreiche Innovations- und Investitionsentscheidungen, die in naher Zukunft getroffen werden, werden so weit in die Zukunft reichen, dass sie auch den Vorgaben der neuen Batterieverordnung, in welcher Form und mit welchem Inhalt sie auch kommen mag, standhalten müssen. Aus diesem Grund sollten auch alle Möglichkeiten genutzt werden, um auf das laufende Gesetzgebungsverfahren einzuwirken und dabei praktische Unstimmigkeiten, Unmöglichkeiten und Innovationshemmnisse aufzuzeigen.
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