Die EWKKennzV dient ebenfalls (wie die EWKVerbotsV – vgl. hierzu unseren Blog-Beitrag „Verbot des Inverkehrbringens von bestimmten Einwegkunststoffprodukten und von Produkten aus oxo-abbaubaren Kunststoffen“) der 1:1-Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt. Hintergrund dieser Richtlinie ist einerseits der schon länger existierende Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft und andererseits die Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft der Europäischen Kommission.
Aktuell hat der Bundestag dem Entwurf der EWKKennzV bereits zugestimmt, sodass nur noch die ebenfalls erforderliche Zustimmung des Bundesrates aussteht, die im Rahmen der nächsten Plenarsitzung am 07.05.2021 erwartet wird.
Anwendungsbereich und Begrifflichkeiten
Nach § 1 S. 2 EWKKennzV gilt die neue Verordnung parallel zu anderen anwendbaren Vorgaben an die Beschaffenheit und Kennzeichnung der erfassten Produkte, sodass beispielsweise die Kennzeichnungsvorgaben aus der Richtlinie 2014/40/EU über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen ebenso wie die Beschaffenheits- und Kennzeichnungsvorgaben aus der Verordnung (EU) 10/2011 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, weiterhin gelten.
Hinsichtlich der Begrifflichkeiten „Einwegkunststoffprodukt“, „Kunststoff“, „Inverkehrbringen“ und „Bereitstellung auf dem Markt“ gelten die gleichen Vorgaben wie auch im Rahmen der EWKVerbotsV.
Im Einzelnen:
- Einwegkunststoffprodukt
Die Definition in § 2 Nr. 1 EWKKennzV nimmt eine Negativabgrenzung zum Mehrwegprodukt vor. Ein Einwegkunststoffprodukt in diesem Sinne ist „ein ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehendes Produkt, das nicht konzipiert, entwickelt und in Verkehr gebracht wird, um während seiner Lebensdauer mehrere Produktkreisläufe zu durchlaufen, indem es zur Wiederbefüllung an einen Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wird oder zu demselben Zweck wiederverwendet wird, zu dem es hergestellt worden ist“. Damit genügt auch ein minimaler Kunststoffanteil, beispielsweise in Form einer Beschichtung. Für die Abgrenzung zwischen Einweg- und Mehrwegprodukt kommt es auf die objektive Verkehrsauffassung im Zeitpunkt des Inverkehrbringens an. Demnach sind weder der Verkehrsauffassung nicht entsprechende Hinweise des Herstellers zur möglichen Mehrfachverwendung von typischerweise als Einwegprodukten angesehen Produkten noch subjektive Verbrauchergewohnheiten zur Mehrfachverwendung von Einwegprodukten maßgeblich.
- Kunststoff
Ein Kunststoff im Sinne von § 2 Nr. 2 EWKKennzV ist als ein Werkstoff definiert, der aus einem Polymer im Sinne von Art. 3 Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1907/2006 (REACH) besteht, dem Zusatzstoffe und andere Stoffe zugesetzt sein können und der als Hauptstrukturbestandteil des Endprodukts fungieren können muss. Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass auch biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe erfasst sind; natürliche und chemisch nicht modifizierte Polymere sind hingegen nicht von der Verordnung erfasst.
- Inverkehrbringen und Bereitstellung auf dem Markt
Der Begriff des Inverkehrbringens ist in § 2 Nr. 3 EWKKennzV definiert als „die erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt [in Deutschland]“. Eine Bereitstellung auf dem Markt ist wiederum nach § 2 Nr. 4 EWKKennzV „jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts auf dem Markt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit“. Diese Begriffsdefinition stellt zunächst klar, dass vor Inkrafttreten des Verbots bereits in Deutschland in Verkehr gebrachte Produkte nach dem Inkrafttreten der Verordnung weiterhin vertrieben werden dürfen – in anderen Worten: Lagerbestände mit bereits einmal (rechtmäßig) in Deutschland in Verkehr gebrachten Produkten können aufgebraucht werden. Darüber hinaus bleibt die Produktion von sachlich erfassten Produkten in Deutschland weiterhin zulässig; zwar wäre ein Inverkehrbringen in Deutschland unzulässig, was aber Export in einen anderen Staat nicht ausschließt.
Beschaffenheitsanforderung an Einwegkunststoffgetränkebehälter
§ 3 EWKKennzV schreibt vor, dass ab dem 03.07.2024 „Getränkebehälter mit einem Füllvolumen von bis zu 3,0 Litern, die Einwegkunststoffprodukte sind und deren Verschlüsse oder Deckel ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen, nur in Verkehr gebracht werden [dürfen], wenn die Verschlüsse oder Deckel während der vorgesehenen Verwendungsdauer am Behälter befestigt bleiben.“
Ausweislich der Verordnungsbegründung sind Einwegkunststoffgetränkebehälter in Anlehnung an § 3 Abs. 2 VerpackG zu definieren als „geschlossene oder überwiegend geschlossene Verkaufsverpackungen für flüssige Lebensmittel (…), die zum Verzehr als Getränk bestimmt sind“, wobei es im Rahmen der EWKKennzV nicht darauf ankommt, ob die Getränkebehälter bereits mit Getränken befüllt sind oder leer in Verkehr gebracht werden. Erfasst sind somit insbesondere Flaschen, Dosen und Verbundverpackungen aus Kunststoff, wohingegen Getränkebecher nicht von § 3 EWKKennzV (aber von den Kennzeichnungsvorgaben aus § 4 Abs. 3 EWKKennzV) erfasst sind, da diese keinen festen Verschluss aufweisen.
Für folgende Einwegkunststoffgetränkebehälter sieht die EWKKennzV Ausnahmen von der neuen Beschaffenheitsanforderung vor:
- Getränkebehälter, die aus Glas oder Metall bestehen und mit Verschlüssen oder Deckeln aus Kunststoff versehen sind.
- Getränkebehälter, deren Verschlüsse oder Deckel zwar Kunststoffdichtungen enthalten, im Übrigen aber aus Metall bestehen.
- Getränkebehälter, die für dort näher definierte flüssige Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke bestimmt sind und dafür verwendet werden.
Die Frage danach, wie die feste Verbindung zwischen Getränkebehälter und Verschluss/Deckel auszusehen haben wird, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen, kann aktuell noch nicht beantwortet werden, da die EWKKennzV hierfür auf noch zu erarbeitende harmonisierte Normen verweist. Die entsprechende Normung ist durch die EU-Kommission bereits beim Europäischen Komitee für Normung (CEN) in Auftrag gegeben und soll bis zum 31.12.2022 vorliegen.
Kennzeichnungsvorgaben für bestimmte Einwegkunststoffprodukte
§ 4 EWKKennzV schreibt ab dem 03.07.2021 eine verpflichtende Kennzeichnung von bestimmten Einwegkunststoffprodukten vor. Während § 4 EWKKennzV lediglich festlegt, dass dem Grunde nach Kennzeichnungspflichten für die erfassten Produkte bestehen, werden die genauen Vorgaben zur Kennzeichnung (Position, Größe, Text und grafische Gestaltung der Kennzeichnung) über einen Verweis auf die EU-weit einheitlich gültige Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 festgelegt. Hinsichtlich der Sprache der Kennzeichnung gilt demnach, dass diese in der Amtssprache des jeweiligen EU-Mitgliedstaates zu erfolgen hat, in dem die Produkte in Verkehr gebracht werden. In Deutschland also beispielsweise mindestens auf Deutsch, wobei weitere Sprachen jeweils zulässig sind.
Bei den von § 4 Abs. 1 EWKKennzV erfassten Produkten (sofern es Einwegkunststoffprodukte sind) handelt es sich um:
- Hygieneeinlagen (sowohl als Damenhygieneprodukte als auch bei Inkontinenz)
- Tampons und Tamponapplikatoren
- Feuchttücher (inkl. beispielsweise Brillenputztücher)
- Filter, die in Kombination mit Tabakprodukten zum Einsatz kommen
Bei diesen Produkten wird künftig eine Kennzeichnung nach den Anhängen I bis III der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 sowohl auf der Verkaufsverpackung als auch (sofern vorhanden) auf der Umverpackung aufzubringen sein, wobei in diesem Zusammenhang die Begriffsdefinitionen aus der Richtlinie 94/62/EG heranzuziehen sind.
Die spezifischen Kennzeichnungsanforderungen – ebenso wie bestehende Ausnahmen – für Hygieneeinlagen sind ebenso wie die Kennzeichnungsanforderungen für Tampons und Tamponapplikatoren in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 enthalten. Die spezifischen Kennzeichnungsvorgaben für Feuchttücher sind in Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 und für Filter für Tabakprodukte in Anhang III der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 enthalten.
Nach § 4 Abs. 2 EWKKennzV wird künftig sowohl die Außenverpackung als auch die Packung (jeweils im Sinne der Richtlinie 2014/40/EU) von Tabakprodukten mit Filter ebenfalls nach den Vorgaben aus Anhang III der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 zu kennzeichnen sein.
Schließlich sieht § 4 Abs. 3 EWKKennzV vor, dass Einwegkunststoffgetränkebecher nach den Vorgaben aus Anhang IV der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 zu kennzeichnen sind. Im Unterschied zu den vorstehend bereits beschriebenen Kennzeichnungsvorgaben muss die Kennzeichnung der Getränkebecher unmittelbar auf dem Produkt selbst erfolgen.
Zu beachten ist, dass es die Anhänge der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2151 erlauben, dass die Kennzeichnung auf vor dem 04.07.2022 in Verkehr gebrachten Produkten auch durch das Anbringen von nicht ablösbaren Aufklebern erfolgen kann.
Sanktionen
Nach § 5 EWKKennzV in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Nr. 8 KrWG kann der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen die Vorgaben der EWKKennzV mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu EUR 100.000,00 pro Fall sanktioniert werden. Zudem ist die Einziehung der betroffenen Gegenstände nach § 70 KrWG zulässig.
Fazit
Vergleichbar mit der EWKVerbotsV wird auch durch die EWKKennzV der Substitutionsdruck auf Einwegkunststoffprodukte weiterhin erhöht. In die gleiche Richtung gehen die bevorstehende Beschränkung von Mikroplastik nach der REACH-Verordnung, das Verbot leichter Kunststofftragetaschen aus dem VerpackG und die aktuell im Entwurfsstadium vorliegenden Vorgaben für Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Einwegkunststofflebensmittelverpackungen (ebenfalls im VerpackG).
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