Im Jahr 2017 forderte die Europäische Kommission (nachfolgend: Kommission) die Europäische Chemikalienagentur (nachfolgend: ECHA) dazu auf, einen Beschränkungsvorschlag für „Mikroplastik“ auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1907/2006 (nachfolgend: REACH) auszuarbeiten, welcher seit Anfang 2019 vorliegt (abrufbar unter: Annex XV restriction report – Proposal for a restriction – intentionally added microplastics).
Vollständig liest sich der beschränkende Teil der vorgeschlagenen Beschränkung wie folgt:
„Polymere im Sinne von Artikel 3(5) REACH dürfen ab dem Inkrafttreten der Beschränkung nicht als Stoff als solcher oder in einem Gemisch als Mikroplastik in einer Konzentration von 0,01 Gewichtsprozent oder mehr in Verkehr gebracht werden.“
Der Begriff „Mikroplastik“ ist im Vorschlag der ECHA definiert als
„ein Material, das aus festen polymerhaltigen Partikeln besteht, denen Additive oder andere Substanzen zugesetzt worden sein können, und wobei ≥ 1 Gew.-% der Partikel (i) alle Abmessungen 1 nm ≤ x ≤ 5 mm oder (ii) bei Fasern eine Länge von 3 nm ≤ x ≤ 15 mm und ein Verhältnis von Länge zu Durchmesser von >3 aufweisen.“
Von der Beschränkung soll es nach dem Vorschlag der ECHA Ausnahmen (beispielsweise für Arzneimittel) und Übergangsfristen (beispielsweise für Kosmetikprodukte, Medizinprodukte und In-Vitro-Diagnostika) von bis zu sechs Jahren geben.
Nach mitunter sehr kontroversen Debatten zum Beschränkungsvorschlag der ECHA haben nun letzte Woche die zuständigen Ausschüsse – Ausschuss für Risikobewertung (nachfolgend: RAC) und Ausschuss für sozioökonomische Analyse (nachfolgend: SEAC) – ihre Stellungnahmen zum Vorschlag unter Berücksichtigung der Eingaben aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Vorschlag der ECHA abgeben.
Beide Ausschüsse stimmen dem Vorschlag der ECHA im Wesentlichen zu. Der RAC fordert jedoch strengere Kriterien zum Nachweis der biologischen Abbaubarkeit eines Polymers, da solche Polymere nach Abs. 3 lit. b) des Beschränkungsvorschlags nicht als Mikroplastik gelten und damit vom Anwendungsbereich der Beschränkung ausgenommen sind. Des Weiteren soll nach dem Willen des RAC zwar eine Übergangsfrist von sechs Jahren für synthetische Füllmaterialien in Kunstrasenplätzen aufgenommen werden, jedoch sollen die Füllmaterialien nach dieser Übergangszeit vollkommen verboten sein und eine weitere Nutzung solcher synthetischer Füllmaterialien mit entsprechenden Risikomanagementmaßnahmen soll nicht zulässig sein. Schließlich fordert der RAC eine Nachjustierung des Begriffs „Mikroplastik“ im Hinblick auf das untere Limit der erfassten Teilchengröße, welches nach dem RAC komplett entfallen soll.
Im Anschluss an die Veröffentlichung des Entwurfs der Stellungnahme des SEAC wird es eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung zu diesem Entwurf geben. Eingaben im Rahmen dieser erneuten und letzten Öffentlichkeitsbeteiligung können ab dem Start derselben, der regelmäßig wenige Tage nach der Veröffentlichung des Entwurfs der SEAC-Stellungnahme liegt, 60 Tage lange eingereicht werden. Dies bedeutet nach aktueller Informationslage, dass diese zweite Öffentlichkeitsbeteiligung wohl in Kürze beginnen und im Laufe des August oder September diesen Jahres enden wird.
Zusammenfassend hat der Beschränkungsvorschlag für absichtlich zugesetztes Mikroplastik der ECHA damit zwei wichtige Hürden genommen und wird bei normalem Gang der Dinge wohl in der ersten Hälfte des kommenden Jahres 2021 in Kraft treten. Dies trotz erheblicher Bedenken an der Rechtmäßigkeit der geplanten Beschränkung, da der Vorschlag nach unserem Dafürhalten in seiner aktuellen Fassung keine Grundlage in der REACH-Verordnung findet und damit gegen dieselbe verstößt. Dies zum einen bereits deshalb, weil der Beschränkungsgegenstand nicht im erforderlichen Maße stoffbezogen und hinreichend bestimmt ist. Zum anderen fand bisher auch keine ausreichende, stoffbezogene Gefahren- und Risikobeurteilung des Beschränkungsgegenstandes statt.
Weitere Informationen sind abrufbar unter: ECHA – RAC backs restricting intentional use of microplastics und ECHA – Hot topics – Microplastics
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