Ziel der Verordnung ist, die Versorgung mit notwendigen Gütern des medizinischen Bedarfs während der Corona-Pandemie zu steuern. Diese Rechtsverordnung beruht auf dem am 28.03.2020 in Kraft getretenen Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Damit wurden durch Änderungen insbesondere des Infektionsschutzgesetzes die Rechtsgrundlagen für befristete Maßnahmen zur Versorgungssicherheit mit Gütern des medizinischen Bedarfs geschaffen.
Was die Bezeichnung als Arzneimittelversorgungsverordnung zunächst nicht nahelegt: § 7 ArzneimittelversorgungsV ermöglicht dem BMG auch, den Verkauf von Medizinprodukten, persönlichen Schutzausrüstungen und Desinfektionsmitteln gegenüber Herstellern und Vertreibern zu steuern.
Welche Produkte sind im Einzelnen erfasst?
Erfasst sind „Versorgungsrelevante Produkte des medizinischen Bedarfs“. Nach § 7 Abs. 3 der ArzneimittelversorgungsV sind dies „Arzneimittel, ihre Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe, Medizinprodukte, Labordiagnostika, Hilfsmittel, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung, Produkte zur Desinfektion und deren Einzelkomponenten“ – allerdings nur, wenn das BMG festgestellt hat, dass sie für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung in der epidemischen Lage von nationaler Tragweite von wesentlicher Bedeutung sind. Welche Produkte im Einzelnen erfasst sind, wird vom BMG durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger festgelegt. Es sind also nicht pauschal alle in Abs. 3 genannten Produkte erfasst. Der Kreis der konkret erfassten Produkte kann sich zudem im Verlauf der epidemischen Lage ändern.
Welche Maßnahmen können getroffen werden?
Für diese als versorgungsrelevant erfassten Produkte regelt § 7 ArzneimittelversorgungsV eine Auskunftspflicht; Hersteller und Händler müssen Vorkehrungen zur kontinuierlichen Bereitstellung von Produkten treffen; das BMG kann zudem Verkaufs- und Verpflichtungsverbote anordnen.
- Hersteller und Vertreiber versorgungsrelevanter Produkte sind verpflichtet, dem BMG oder einer vom BMG benannten Stelle auf Verlangen Auskunft über die Bestände, den Lagerort, die Produktion, den Vertrieb und die Preise der Produkte zu erteilen (§ 7 Abs. 1). Eine proaktive Meldepflicht besteht also nicht. Ein Verstoß gegen die recht umfangreiche Auskunftsplicht auf Verlangen ist indes nach § 8 Nr. 2 ArzneimittelversorgungsV i.V.m. § 73 Abs. 1a Nr. 24 Infektionsschutzgesetz bußgeldbewehrt.
- Hersteller und Vertreiber versorgungsrelevanter Produkte müssen „im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit und des ihnen Zumutbaren eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung“ sicherstellen, damit der „Bedarf der Bevölkerung im Geltungsbereich dieser Verordnung gedeckt ist“ (§ 7 Abs. 2). Die unmittelbare, stark auslegungsbedürftige Verpflichtung (zumutbar, angemessen, Bedarf der Bevölkerung) orientiert sich nach der Verordnungsbegründung an der entsprechenden Vorgabe in § 52b Arzneimittelgesetz zur Bereitstellung von in Deutschland in Verkehr gebrachten Arzneimitteln durch pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhändler. Erwartbare Auslegungsfragen dürften sich also auch an dieser bestehenden Vorschrift orientieren.
- Die Preise der versorgungsrelevanten Produkte müssen sich an den Kosten der Bereitstellung orientieren (§ 7 Abs. 2). Hersteller und Vertreiber dürfen gegenüber Verbraucherinnen und Verbraucher keine Aufschläge aufgrund der epidemischen Lage erheben. Solche verbotenen Preisaufschläge sind nach § 8 Nr. 3 ArzneimittelversorgungsV i.V.m. § 73 Abs. 1a Nr. 24 Infektionsschutzgesetz bußgeldbewehrt. Beim Vertrieb und bei der Abgabe müssen Hersteller und Vertreiber Vorkehrungen treffen, um einem erkennbaren Horten oder einer gezielten Verknappung des Marktes so weit wie möglich entgegenzuwirken. Auch hier besteht offenkundig eine erhebliche Unsicherheit, wie diese unmittelbare Vorgabe an Hersteller und Vertreiber im Einzelnen zu erfüllen ist. Zu denken ist etwa an die Abgabe nur handelsüblicher Mengen. Entsprechende Vorkehrungen sollten betroffene Hersteller und Händler dokumentieren.
- Nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 Infektionsschutzgesetz kann das BMG oder von ihr beauftragte Behörden eine Reihe von Anordnungen zur Regulierung des Handels mit versorgungsrelevanten Produkten oder nähere Modalitäten für die Abgabe und die Preisfestsetzung treffen. Sofern es aufgrund solcher Verbote nicht mehr möglich ist, Produkte entsprechend bei bereits eingegangener Lieferverpflichtungen abzugeben, besteht ein Ersatzanspruch für die Aufwendungen, die Hersteller und Vertreiber deshalb im Verhältnis zu ihrem Abnehmer zu tragen haben (§ 7 Abs. 2).
Link zur Verordnung : SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung
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