Medizintechnik
Das ändert sich 2025: Life Science

Das ändert sich 2025: Life Science

Für Medizinproduktehersteller beginnt das Jahr 2025 gleich mit neuen Informationspflichten nach Art. 10a MDR. Demgegenüber werden dringend gebotene Reformen der MDR in 2025 weiter bewertet. Im Übrigen steht der Life Science-Sektor auch in 2025 im Zeichen der Digitalisierung. So rücken vor allem Themen rund um die KI-Regulierung im Medizinproduktebereich, flankiert von Datenschutz und Datentransparenz, in den Vordergrund. Besonders die Integration in die bestehende Infrastruktur wird eine zentrale Rolle spielen.

Dieser Beitrag bildet den vierten Teil der Serie an Blog-Beiträgen mit dem Titel „Das ändert sich 2025“, in denen die Experten des Teams der Produktkanzlei die relevanten Themen aus ihren jeweiligen Spezialgebieten überblicksartig zusammenfassen. Hier beleuchten wir zunächst Auswirkungen der 3. Änderungs-Verordnung (EU) 2024/1860 zur MDR/IVDR (dazu A.) sowie die Umsetzung des Medizinforschungsgesetzes (dazu B.). Wir berichten über den aktuellen Stand zum Gesetzgebungsverfahren zum European Health Data Space (dazu C.) und geben einen Überblick über den Data Act (dazu D.), die Umsetzung der KI-Verordnung im Medizinproduktesektor (dazu E.), zur Einführung der elektronischen Patientenakte (dazu F.) und zu den Neuerungen für Digitale Gesundheitsanwendungen (dazu G.).

A. Neue Informationspflichten für Medizinprodukte- und IVD-Hersteller

Im Jahr 2025 stehen rund um die MDR mehrere relevante Entwicklungen an.

I. Art. 10a MDR/IVDR

Bereits seit 10.01.2025 gelten für Hersteller von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika neue Informationspflichten bei Unterbrechung oder Beendigung der Lieferung bestimmter Produkte. Die Regelungen wurden mit der 3. Änderungs-Verordnung (EU) 2024/1860 in den neuen Art. 10a Verordnung (EU) 2017/745 („MDR“) und wortgleich in Art. 10a Verordnung (EU) 2017/746 („IVDR“) eingeführt.

Danach müssen Hersteller von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika gemäß Art. 10a Abs. 1 Unterabs. 1 MDR/IVDR bei einer von ihnen erwarteten Unterbrechung oder Beendigung der Lieferung bestimmter Produkte hierüber (1.) die zuständige Behörde an ihrem Sitz oder (bei Herstellern außerhalb der EU) am Sitz des Bevollmächtigten sowie (2.) alle Wirtschaftsakteure, Gesundheitseinrichtungen und Angehörige der Gesundheitsberufe, an die der Hersteller „das Produkt direkt liefert“, informieren. Die Informationspflichten betreffen (nur) solche Produkte, bei denen „nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar“ ist, dass die Lieferunterbrechung oder -beendigung einen „schwerwiegenden Schaden oder die Gefahr eines schwerwiegenden Schadens für die Patienten oder die öffentliche Gesundheit in einem oder mehreren Mitgliedstaaten“ zur Folge haben kann. Eine Unterbrechung der Lieferung soll nach der zu Art. 10a MDR/IVDR von der Kommission veröffentlichten Q&A (Rev 1, Stand Dezember 2024) regelmäßig („as a general indication“) ab einer erwarteten Lieferunfähigkeit des Herstellers von mehr als 60 Tagen gegeben sein; allerdings kann, so die Q&A, auch eine kürzere Dauer als „Unterbrechung“ meldepflichtig sein, wenn nach der Bewertung des Herstellers die Gefahr eines schwerwiegenden Schadens besteht.

Die Informationen sind mindestens 6 Monate vor der voraussichtlichen Unterbrechung oder Beendigung zu übermitteln, sofern nicht „außergewöhnliche Umstände vorliegen“ – wenn also die Gründe für Unterbrechung oder Beendigung der Lieferung dem Hersteller erst kurzfristiger bekannt werden. Mit MDCG 2024-16 ist ein Meldeformular nebst einer Device Identification Table im Anhang für Hersteller zur elektronischen Übermittlung an die national zuständige Behörde veröffentlicht.

Die zuständige Behörde (in Deutschland das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemäß § 7a MPDG i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4a MPDG), informiert die zuständigen Behörden der übrigen Mitgliedstaaten sowie die Kommission über die erwartete Lieferunterbrechung oder -beendigung (Art. 10a Abs. 2 MDR/IVDR). Auch die übrigen Wirtschaftsakteure in der Lieferkette treffen eigene Pflichten: Sie sind ihrerseits verpflichtet, jeweils ihre direkten Abnehmer in der gegebenenfalls mehrstufigen Lieferkette zu informieren, bis hin zu den Gesundheitseinrichtungen und Angehörigen der Gesundheitsberufe, die von der Lieferunterbrechung bzw. -beendigung betroffen sind (Art. 10a Abs. 3 MDR/IVDR).

Hersteller sind seit dem 10.01.2025 gehalten, für die Erfüllung etwaiger Informationspflichten entsprechende Prozesse in ihrem Qualitätsmanagementsystem zu implementieren. Absehbar werden Benannte Stellen bzw. Zertifizierungsstellen hierauf bei Audits achten.

Zur Vertiefung: Handorn, Neue Informationspflichten bei Unterbrechung oder Beendigung der Lieferung bestimmter Medizinprodukte gemäß Art. 10 a MDR, MPR 2024, 225 ff.

II. Schrittweise Nutzungspflicht für EUDAMED

Mit der 3. Änderungs-Verordnung (3rd Amendment) VO (EU) 2024/1860 wurde der Weg zum schrittweisen Inkrafttreten der Vorschriften über die europäische Datenbank für Medizinprodukte – EUDAMED – frei gemacht. Mit dem geänderten Art. 34 MDR wird nun abweichend von der ursprünglichen Regelung die schrittweise verpflichtende Nutzung einzelner elektronischer Systeme in EUDAMED ermöglicht. Sobald jedes einzelne Modul geprüft wurde und die Kommission die Funktionsfähigkeit bestätigt, wird das Modul im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Der aktuelle Zeitplan (Stand Dezember 2024) sieht vor, dass die Funktionsfähigkeit der Module zur Registrierung der Wirtschaftsakteure sowie der UDI-/Produktregistrierung, für Benannte Stellen und Bescheinigungen sowie für die Marktüberwachung, Mitte 2025 im Amtsblatt veröffentlicht werden; 6 Monate später (also Anfang 2026) wird deren Nutzung europarechtlich verpflichtend (Art. 123 Abs. 3 lit. d MDR n.F.). Für die Registrierung von Legacy-Produkten und MDR-Produkten, welche ab 6 Monate nach der Veröffentlichung in Verkehr gebracht werden, haben Hersteller eine Frist von 12 Monaten (Art. 123 Abs. 3 lit. e MDR n.F.).

Hilfestellung für Wirtschafsakteure und Benannte Stellen zur schrittweisen Implementierung gibt die von der Kommission veröffentlichte Q&A Gradual Roll-Out of EUDAMED (Stand November 2024).

III. Gezielte Bewertung der MDR

Nach der Reform ist vor der Reform. Die EU-Kommission hat am 12.12.2024 die gezielte Bewertung der MDR gestartet (EU rules on medical devices and in vitro diagnostics – targeted evaluation). Dadurch soll eine Bestandsaufnahme der – immer noch im Übergangsstadium befindlichen – Vorschriften der MDR und IVDR vorgenommen und bewertet werden, ob sie wirksam, effizient und verhältnismäßig sind. Die Möglichkeit, sich mit Eingaben an der gezielten Bewertung zu beteiligen, besteht bis zum 21.03.2025. Die Annahme durch die Kommission ist derzeit für das 4. Quartal 2025 vorgesehen.

Neben den längerfristig zu erwartenden (und vielfach gebotenen) Reformen ist in 2025 mit Maßnahmen zu rechnen, die unter dem Schlagwort des Bürokratieabbaus firmieren und kurzfristig konsensfähige Korrekturen bei MDR und IVDR ins Auge fassen. So etwa die mögliche Erweiterung sowie die Reklassifizierung sogenannter Well-Established Technologies (bewährter Technologien) im Sinne von Art. 52 Abs. 5 und Art. 61 Abs. 8 MDR. Zur Reklassifizierung hat die Kommission aktuell die Durchführung einer öffentlichen Konsultation angekündigt.

B. Umsetzung des Medizinforschungsgesetzes

Auf nationaler Ebene steht in 2025 die praktische Umsetzung des Medizinforschungsgesetzes vom 30.10.2024 an. Der Schwerpunkt liegt bei der Arzneimittelforschung. Zugleich soll punktuell die Forschung mit Medizinprodukten erleichtert werden.

I. Arzneimittelgesetz

Das deutsche Arzneimittelgesetz (AMG) wird durch das Medizinforschungsgesetz namentlich in folgenden Punkten geändert:

  • Anerkennung von Drittlandinspektionen als GMP-konform
  • Erweiterung der Verordnungsermächtigung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Änderung der Zuständigkeit
  • Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für Empfehlungen zur Auslegung der EU-Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis (GMP) zur Unterstützung der Harmonisierung im Bereich neuartiger Therapien
  • Einrichtung eines indikationsbezogenen Registers von Arzneimitteln für neuartige Therapien
  • Schaffung einer Spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren
  • Einführung von (grundsätzlich verbindlichen, aber einvernehmlich derogierbaren) Standardvertragsklauseln für klinische Prüfungsverträge mit Arzneimitteln im Wege der Rechtsverordnung, mit deren Veröffentlichung in 2025 zu rechnen ist.

II. Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG)

Im MPDG werden durch das Medizinforschungsgesetz insbesondere folgende Änderungen vorgenommen:

  • Umsetzung der Informationspflichten von Art. 10a MDR. Danach müssen die Anzeigen elektronisch in maschinenlesbarer Form an die zuständige Bundesoberbehörde (nach § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4a MPDG das BfArM) erfolgen (§ 7a MPDG, in Kraft getreten am 10.01.2025).
  • Rechtsverordnungsermächtigung gemäß § 31c MPDG zu verpflichtenden Standardvertragsklauseln für die Durchführung von klinischen Prüfungen und Leistungsstudien. Von diesen Mustervertragsklauseln sollen, ebenso wie im Bereich klinischer Arzneimittelprüfungen, abweichende Parteivereinbarungen möglich sein. Mit der Verkündung der Rechtsverordnung zu Standardvertragsklauseln auch für klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten ist in 2025 zu rechnen.
  • Erlass von Richtlinien zur Bewertung von klinischen Prüfungen und Leistungsstudien durch den Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (AKEK) gemäß § 32a MPDG.
  • Zuständigkeit spezialisierter Ethik-Kommissionen nach AMG für Leistungsstudien mit therapiebegleitenden Diagnostika gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 und 5 MPDG (in Kraft treten am 01.07.2025).
  • Für sonstige klinische Prüfungen im Sinne von § 3 Nr. 4 MPDG entfallen im Rahmen von nicht zusätzlich belastenden PMCF-Prüfungen von CE-gekennzeichneten Medizinprodukten innerhalb deren Zweckbestimmung die Anforderungen an den Sponsor nach § 25 MPDG und an die Prüferbenennung nach § 30 MPDG (§ 47 Abs. 3 MPDG neu); damit wird zumindest teilweise die verfehlte Schlechterstellung im Bereich sonstiger klinischer Prüfungen gegenüber PMCF-Prüfungen zu Konformitätsbewertungszwecken behoben.

III. Strahlenschutzgesetz

Durch die Änderungen des MFG wird zudem die strahlenschutzrechtliche Genehmigung vereinfacht und das strahlenschutzrechtliche Anzeige- und Genehmigungsverfahren wird in das arzneimittelrechtliche bzw. medizinprodukterechtliche Genehmigungsverfahren der klinischen Prüfungen integriert.

C. European Health Data Space („EHDS“) – Aktueller Stand zum Gesetzgebungsverfahren

Bereits am 24.04.2024 haben das Europäische Parlament und der Rat eine politische Einigung über den Vorschlag der Kommission zum Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) erzielt.

Ziel der geplanten Verordnung über den EHDS (EHDS-VO-E) ist eine stärkere Verknüpfung nationaler Gesundheitssysteme durch sicheren und effizienten Austausch von Gesundheitsdaten für die Primär- und Sekundärnutzung: Einzelpersonen erhalten Zugang und Kontrolle zu ihren elektronischen Gesundheitsdaten, der Binnenmarkt für digitale Gesundheitsdienste und -produkte soll gefördert werden und es soll ein einheitlicher Rahmen für die Verwendung von Gesundheitsdaten für (auch kommerzielle) Forschung, Innovation, politische Entscheidungsfindung und Regulierung sichergestellt werden.

Dabei können die Mitgliedsstaaten ein spezifisches Widerspruchsrecht bei der Verarbeitung personenbezogener elektronischer Gesundheitsdaten, die in EHR-Systemen erfasst sind, zur Primärnutzung vorsehen (Art. 10 EHDS-VO-E, vgl. in Deutschland bereits die Opt-out-Möglichkeiten nach DigiG). Für die Sekundärnutzung sieht der EHDS auf europäischer Ebene ein Widerspruchsrecht vor (Art. 71 EHDS-VO-E), wobei Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen von diesem Opt-out auf Ebene der Sekundärnutzung regeln können (Art. 71 Abs. 4 EHDS-VO-E).

Aus produktrechtlicher Sicht besonders zu erwähnen ist die Konformitätsbewertung und die CE-Kennzeichnung sogenannter EHR-Systeme (Systeme für elektronische Gesundheitsaufzeichnungen) im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. k EHDS-VO-E: EHR-Systeme unterliegen künftig CE-Harmonisierungsvorschriften und einem dezidierten Konzept der Wirtschaftsakteure (Art. 25 ff. EHDS-VO-E). Die praktisch höchst wichtigen Schnittstellen zu Medizinprodukten, IVD und zu KI-Systemen sind in Art. 27 EHDS-VO-E als ergänzende Konformitätsbewertung grundlegender Anforderungen gemäß Anhang II Abschnitt 2 EHDS-VO-E geregelt. Auch für Wellness-Anwendungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. ab EHDS-VO-E sehen Art. 47 ff. EHDS-VO-E nunmehr verpflichtende Vorgaben für die Interoperabilität mit EHR-Systemen vor. Hersteller von EHDS-Systemen und Wellness-Anwendungen sowie andere erfasste Wirtschaftsakteure sollten sich frühzeitig auf die kommenden produktrechtlichen Anforderungen einstellen. Zudem sind die Überschneidungen und zusätzlichen Anforderungen bei digitalisierten Medizinprodukten und IVD evident.

Die Veröffentlichung der EHDS-VO im Amtsblatt der EU steht noch aus. Der EHDS tritt sodann 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Geltungsbeginn ist grundsätzlich 2 Jahre nach Inkrafttreten mit weiter differenzierten Übergangsvorschriften von 4 bis 10 Jahren (Art. 105 EHDS-VO-E).

D. Data Act

Mit dem Inkrafttreten des Data Acts (Verordnung (EU) 2023/2854) im Januar 2024 wurde ein Rechtsrahmen für den fairen Zugang zu und die faire Nutzung von Daten geschaffen. Ab dem 12.09.2025 müssen die Regeln sodann verbindlich angewandt werden.

Nach Erwägungsgrund 14 des Data Act fallen ausdrücklich auch Medizin- und Gesundheitsprodukte in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Betroffen sind Medizinproduktehersteller und Unternehmen, die Datenverarbeitungsdienstleistungen anbieten (z.B. Betreiber von DiGAs).

Mit dem Data Act soll Nutzern ein unentgeltlicher Zugang zu den Daten gewährt werden, die durch ihre Nutzung des Produkts oder Dienstes generiert wurden. Hersteller von Medizinprodukten sollen verpflichtet werden, all diese Daten herauszugeben. Auf die Hersteller kommen in diesem Zusammenhang auch umfangreiche Auskunftspflichten zu. Sie müssen Angaben dazu machen, welche Daten in welchem Umfang entstehen, ob dies kontinuierlich und in Echtzeit erfolgt und wie die Nutzer auf die Daten zugreifen können. Die Daten sollen in einer fairen, nicht-diskriminierender Weise bereitgestellt werden. Hierzu sollen der Datenempfänger und Datensender Verträge schließen.

Die wichtigsten Auswirkungen für Hersteller:

  • Die Produkte müssen so geändert werden, dass diese Schnittstellen anbieten, die die Vorgaben an die Interoperabilität erfüllen und die Daten kontinuierlich und in Echtzeit bereitstellen.
  • Die Anforderungen an die IT-Sicherheit sind nunmehr signifikant höher.
  • Es besteht eine erhöhte Gefahr, dass sich Wettbewerber die Daten zu nutzen machen.
  • Die Kosten werden durch die unentgeltliche Nutzung steigen. Eine Kompensierung ist nur erlaubt, wenn diese verhältnismäßig ist und der Datensender damit keinen Gewinn erzielt.

Der Data Act trifft auch Regelungen bezüglich der Bereitstellung von Daten an öffentliche Stellen, allerdings nur im Fall eines außergewöhnlichen Bedarfs.

E. Artificial Intelligence Act – KI Verordnung (KI-VO)

Am 01.08.2024 ist die Verordnung (EU) 2024/1689 zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (KI-VO oder „AIA“) in Kraft getreten. Sie ist das weltweit erste KI-Gesetz und stellt den europäischen Rechtsrahmen für die Entwicklung, das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von künstlicher Intelligenz in der Union dar.

Die KI-VO normiert produktübergreifend ein für KI-Systeme spezifisches Produktsicherheitsrecht (CE-Rechtsakt). Im Bereich der Medizinprodukte ergänzt die KI-VO künftig die sektoral regulierten grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen.

KI-basierte Medizinprodukte-Software wird dabei praktisch immer als Hochrisiko-KI-System im Sinne von Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang I AIA einzustufen sein. Danach gilt ein KI-System als Hochrisiko-KI-System, wenn es (a) als Sicherheitsbauteil für ein Produkt verwendet werden soll oder selbst ein Produkt ist und (b) das Produkt unter die in Anhang I aufgelisteten Rechtsakte fällt und danach einer Konformitätsbewertung durch Dritte unterzogen werden muss. Art. 6 Abs. 1 AIA verweist auf die in Anhang I genannten EU-Vorschriften zum bestehenden Produktsicherheitsrecht und damit insbesondere auf die MDR und die IVDR. Ob daher ein intelligentes Medizinprodukt als Hochrisiko-KI-System einzustufen ist, hängt entscheidend von der Risikoklassifizierung nach MDR ab, die (namentlich über die verfehlte Klassifizierungsregel 11 in Anhang VIII MDR) praktisch immer zur Einbindung einer Benannten Stelle bei der Konformitätsbewertung führt. Im Ergebnis werden so die Anforderungen der KI-VO an Hochrisiko-KI-Systeme im Rahmen eines einheitlichen Konformitätsbewertungsverfahrens für KI-Medizinprodukte anzuwenden sein. Das komplexe Zusammenspiel zwischen den Anforderungen von MDR/IVDR einerseits und KI-VO andererseits ist allerdings an vielen Stellen noch unkoordiniert bzw. unklar.

Geltungsbeginn der KI-VO ist grundsätzlich am 02.08.2026. Die zentralen Einstufungsvorschriften und Anforderungen an Hochrisiko-KI-Systeme gemäß Art. 6 Abs. 1 KI-VO sind ab dem 02.08.2027 anwendbar. Gerade im Rahmen der Entwicklung und Konformitätsbewertung müssen sich Hersteller digitalisierter Medizinprodukte und IVD bereits jetzt mit den komplexen zusätzlichen Anforderungen der KI-VO auseinandersetzen.

Sektoral ist ein erstes MDCG-Dokument zum Zusammenspiel von MDR/IVDR und KI-VO („FAQ on interplay between MDR/IVDR and AIA“) frühzeitig im ersten Quartal 2025 zu erwarten. Zudem ist im Anschluss an eine Ende 2024 durchgeführte Konsultation im ersten Quartal 2025 ein EU-Leitfaden zur zentralen Definition des KI-Systems sowie zu den verbotenen Praktiken im Sinne der KI-VO angekündigt.

F. Digital-Gesetz (DigiG)- Elektronische Patientenakte (ePA)

Das „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ („Digital-Gesetz“, kurz „DigiG) ist bereits im März 2024 in Kraft getreten.

Kernelement des DigiG ist die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Der ursprünglich zum 15.01.2025 geplante bundesweite Roll-out der ePA hat sich bekanntlich verzögert, so dass die ePA ab 15.01.2025 zunächst in einer vierwöchigen Pilotphase in Hamburg, Franken und Nordrhein-Westfalen erprobt wird. Der bundesweite Roll-out ist daher frühestens nach der Pilotphase, also ab Mitte Februar, zu erwarten.

Die „ePA für alle“ ist als Opt-Out-Modell konzipiert und wird damit für jeden Versicherten angelegt, der nicht widerspricht. Nach dem Roll-out sollen schrittweise weitere Inhalte wie der digitale Medikationsprozess sowie Laborbefunde eingebunden werden. Auch die Freigabe der in der ePA gespeicherten Daten für Forschungszwecke soll im Laufe des Jahres erfolgen können, auch hier ist eine Opt-Out-Lösung vorgesehen.

G. Digitale Gesundheitsanwendungen – DiGA

Auch für DiGA stehen 2025 einige relevante Entwicklungen ins Haus. Ursprünglich war angedacht, dass die Verordnung von DiGA schon ab 01.01.2025 nur noch per e-Rezept erfolgen kann. Dieser Zeitplan wurde insbesondere aufgrund herstellerseitiger Bedenken nicht eingehalten. Kritisiert wurde unter anderem, dass die in diesem Fall für die Freischaltung der DiGA notwendige e-Rezept-App derzeit von den meisten Versicherten noch nicht genutzt wird. Gleichwohl dürfte im Laufe des Jahres 2025 die geplante Umstellung auf ausschließlich elektronische DiGA-Verordnung erfolgen.

Die Preisgestaltung von DiGA soll nach Maßgabe des DigiG zukünftig stärker an Erfolgskriterien ausgerichtet werden. Ab dem 01.01.2026 sollen mindestens 20 Prozent des dauerhaften Vergütungsbetrags von DiGA erfolgsabhängig sein, so dass der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Herstellerverbände in 2025 entsprechende Vereinbarungen treffen werden müssen. Auch wird es in diesem Jahr zu beobachten gelten, ob endlich die erste digitale Pflegeanwendung (DiPA) das Antragsverfahren erfolgsreich durchläuft und ins DiPA-Verzeichnis aufgenommen wird.

Haben Sie zu dieser News Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Dr. Boris Handorn und Anna Christ

14. Januar 2025 Prof. Dr. Boris Handorn