Anlass des Vorschlags für eine Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug waren Mängel, die sich im Rahmen der praktischen Anwendung der in die Jahre gekommene EG-Spielzeugrichtlinie gezeigt haben sollen. Nach Ansicht der Kommission schütze die Richtlinie Kinder nicht ausreichend vor möglichen Risiken, die durch schädliche Chemikalien verursacht werden können. Das Problem würde sich zudem aufgrund der mangelnden Durchsetzbarkeit der Regelungen und durch die schleppende Umsetzung von Änderungen in nationales Recht verstärken (vgl. Entwurfsbegründung, S. 2). Mit dem TSR-E will die Kommission diesen Problemen Abhilfe schaffen und setzt dafür an verschiedenen Stellschrauben an.
I. Anwendungsbereich der Spielzeugverordnung
Der Anwendungsbereich des TSR-E bleibt im Vergleich zur EG-Spielzeugrichtlinie nahezu unverändert. Der TSR-E gilt gem. Art. 2 Abs. 1 TSR-E für Produkte, die dazu bestimmt sind, von Kindern unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden („Spielzeug“). Der handlungsspezifische Anwendungsbereich knüpft gem. Art. 5 Abs. 1 TSR-E an das Inverkehrbringen an.
Schleudern und Steinschleudern sind nun nicht mehr vom Anwendungsbereich ausgenommen (vgl. noch Art. 2 Abs. 2 lit. e) Richtlinie 2009/48/EG). Mit Art. 2 TSR-E soll die Kommission ermächtigt werden, den Anwendungsbereich im Wege von Durchführungsrechtsakten auf bestimmte Produkte oder Produktkategorien zu erweitern oder diese aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen.
II. Allgemeine und besondere Sicherheitsanforderungen
Regelungstechnisch beibehalten wird die Aufteilung in allgemeine Sicherheitsanforderungen (Art. 5 Abs. 2 TSR-E) und besondere Sicherheitsanforderungen (Anhang II TSR-E). In den allgemeinen Sicherheitsanforderungen bezieht Art. 5 Abs. 2 TSR-E neuerdings die psychische und geistige Gesundheit, das Wohlbefinden und die kognitive Entwicklung von Kindern ausdrücklich als Schutzgüter mit ein.
Größere Änderungen erfahren die besonderen Sicherheitsanforderungen an die chemischen Eigenschaften von Spielzeug (vgl. Teil III des Anhangs II des TSR-E). Das Verwendungsverbot bestimmter Stoffe wurde erweitert (vgl. Nr. 4 Teils III des Anhangs II des TSR-E), gleichzeitig sollen die Möglichkeiten für Ausnahmen von diesem Verbot eingeschränkt werden. Neu geschaffen wird die Option, für bestimmte Stoffe eine Ausnahmeregelung bei der ECHA erwirken zu können (vgl. ErwG (18) des TSR-E).
III. Instruktive Anforderungen
Spürbare Änderungen bringen die instruktiven Anforderungen mit sich. Hervorzuheben sind hier vor allem die Anforderungen an Warnhinweise (Art. 6 TSR-E) und die CE-Kennzeichnung (Art. 15 ff. TSR-E). Unter anderem muss in Zukunft nicht mehr das Wort „Achtung“ in allen von den Mitgliedstaaten geforderten Sprachen auf dem Produkt angebracht sein, sondern kann alternativ durch ein Piktogramm ersetzt werden (vgl. Nr. 1 des Anhangs des TSR-E).
Der Hersteller ist zudem verpflichtet, einen sog. Produktpass für das Spielzeug zu erstellen, der die relevanten Informationen zur Konformität enthalten und in Zukunft die EU-Konformitätserklärung ersetzen soll. In Zukunft soll der Hersteller mit Erstellung des Produktpasses und Anbringung der CE-Kennzeichnung die Konformität erklären (vgl. ErwG (42), (45)). Der Produktpass soll insgesamt die Informationen beinhalten, die notwendig sind, um die Konformität des Spielzeugs zu bewerten (vgl. ErwG (42)). Die Kommission will auf diese Weise Synergieeffekte erzielen und mittelfristig auch die Nachhaltigkeit von Spielzeug mithilfe des Produktpasses fördern (vgl. Verordnungsbegründung, S. 3) Der Produktpass hat das jeweilige Spielzeugmodell abzubilden (vgl. Art. 17 Abs. 2 lit. a) TSR-E). Er muss also nicht für jedes einzelne Produkt individuell festgelegt werden, er darf andererseits aber auch nicht zu generell sein (und z.B. mehrere ähnliche Produkte umfassen). Der Produktpass wird über einen Datenträger mit dem Spielzeug verbunden und über diesen aufrufbar sein. Das kann z.B. ein QR-Code sein, ist aber nicht hierauf beschränkt. Ferner muss der Produktpass in ein zentrales Register der Kommission aufgenommen werden, auf das dann u.a. Marktüberwachungs- und Zollbehörden Zugriff haben sollen (vgl. Entwurfsbegründung, S. 14).
Die technischen Anforderungen an den Produktpass gleichen denen des Vorschlags für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte (sog. Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR). In Zukunft können so die produktsicherheitsrechtlichen Aspekte einerseits und die nachhaltigkeitsbezogenen Eigenschaften aus der ESPR andererseits über den Produktpass abgebildet werden (vgl. Entwurfsbegründung, S. 3). Unklar ist, ob hierfür ein Produktpass je Produkt genügt (was aus wirtschaftlicher Sicht wohl wünschenswert wäre).
IV. Änderungen bei den Pflichten der Wirtschaftsakteure
Für die Wirtschaftsakteure ergeben sich aus der Neuregelung einige Änderungen. Neben dem vollständigen Namen und Adresse müssen die Hersteller künftig auch eine E-Mail-Adresse auf dem Spielzeug angeben (Art. 7 Abs. 6 TSR-E). Die gleiche Verpflichtung trifft auch den Einführer (Art. 9 Abs. 3 TSR-E). Ferner haben die Hersteller gem. Art. 7 Abs. 11 TSR-E eine Kontaktmöglichkeit zu schaffen, über die Beschwerden im Zusammenhang mit der Sicherheit von Spielzeug abgegeben werden können. Die Einführer müssen die Einhaltung dieser Herstellerpflicht überprüfen und ggf. selbst eine solche Kontaktmöglichkeit einrichten (vgl. Art. 9 Abs. 9 TSR-E).
V. Verhältnis zur Verordnung (EU) 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit
Im Erwägungsgrund (6) wird klargestellt, dass die Verordnung (EU) 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit (sog. General Product Safety Regulation, GPSR) ergänzend neben den Vorschriften des TSR-E zur Anwendung kommt. Demnach finden insbesondere die Vorschriften in Bezug auf den Fernabsatz (Kapitel III Abschnitt 2 und Kapitel IV der GPSR), auf das Schnellwarnsystem Safety-Gate und auf das Safety-Business-Gateway (Kapitel VI der GPSR) sowie auf das Recht auf Auskunft und Abhilfe (Kapitel VIII der GPSR) auch auf Spielzeug im Sinne des TSR-E Anwendung.
VI. Ausblick
Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren befindet sich derzeit in der ersten Lesung. Nach Verkündung im Amtsblatt tritt die Verordnung voraussichtlich 20 Tage später in Kraft. Der Geltungsbeginn ist derzeit auf 30 Monate nach dem Inkrafttreten der Verordnung festgelegt (vgl. Art. 56 Abs. 2 TSR-E). Der Entwurf sieht in Art. 54 TSR-E einen nur begrenzten Abverkaufszeitraum vor. Nach Art. 54 Abs. 1 TSR-E darf Spielzeug, das gemäß der Richtlinie 2009/48/EG vor dem Geltungsbeginn der TSR-E konform in den Verkehr gebracht wurde, für weitere 12 Monate auf dem Markt bereitgestellt werden.
Aufgrund der erkennbaren Änderungen und Verschärfungen ist Herstellern, Einführern und Händlern zu raten, sich frühzeitig mit der TSR-E vertraut zu machen, auch wenn mit Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gerechnet werden darf.
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