Mit der Richtlinie (Entwurf HIER abrufbar) sollen EU-weite Standards zur Ermittlung, Substantiierung und Werbung mit Green Claims geschaffen werden. Welche neuen Elemente enthält der Entwurf?
A. Anwendungsbereich und Ausnahmen
Die neuen Regeln sollen für alle freiwilligen Werbeaussagen von Gewerbetreibenden gegenüber Verbrauchern (B2C) bezüglich Umweltaussagen in Textform oder in Form eines Umweltlabels gelten, einschließlich entsprechender „grüner“ Markennamen und Produktbezeichnungen. Hierunter fallen klassische Green Claims wie „CO2-neutral“ und „klimaneutral“ ebenso wie „recycelbar“ oder „rifffreundlich“ (für Sonnenschutzmittel). Sowohl produktbezogene als auch unternehmensbezogene Werbeaussagen sollen umfasst sein.
Die neuen Anforderungen sollen grundsätzlich (mit der Möglichkeit eines opt-in) nicht für Kleinstunternehmen gelten, also für Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern bzw. mit einem Jahresumsatz bzw. einer Bilanzsumme bis EUR 2 Mio.
B. Substantiierung von und Werbung mit Green Claims
Art. 3 des Entwurfs enthält zahlreiche Vorgaben zur Substantiierung von umweltbezogenen Werbeaussagen. Der Gewerbetreibende soll verpflichtet sein, diese Aussagen einer Bewertung zu unterziehen. Insbesondere soll spezifiziert werden, ob sich die Aussage auf das ganze Produkt, nur auf Teile oder Teilaspekte des Produkts bzw. auf den Gewerbetreibenden als Ganzes oder nur einzelne Teile seiner Aktivitäten bezieht. Die Bewertung muss auf anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und zudem belegen, dass die beworbenen Umweltauswirkungen über den Lebenszyklus hinweg erheblich sind. Teil der Bewertung ist auch, ob die Verbesserung des beworbenen Parameters mit einer Verschlechterung anderer Umwelt-Parameter einhergeht. Auch sind die Kompensationen von Treibhausgasemissionen von den entsprechenden Emissionen zu trennen und es ist anzugeben, ob eine solche Kompensation durch die Reduzierung oder die Entfernung der Emissionen erreicht wird.
Besondere Regelungen hat die Fallgruppe erfahren, in der ein Gewerbetreibender sich oder seinem Produkt bessere umweltbezogene Leistungen zuschreibt (Art. 4 des Entwurfs). Hier ist unter anderem sicherzustellen, dass der Vergleich auf beiden Seiten auf äquivalenten Informationen und Daten beruht bzw. dass diese auf vergleichbaren Wegen gewonnen werden. Zudem müssen etwaige Annahmen für einen solchen Vergleich für alle Vergleichsobjekte einheitlich getroffen werden.
Green Claims in diesem Sinne dürfen nur kommuniziert werden, wenn die darin enthaltenen Aussagen gemäß der soeben kurz skizzierten Methodik substantiiert wurden und wenn diese erheblich sind. Neu ist auch, dass Werbeaussagen, die sich auf ein Endprodukt beziehen, Informationen dazu enthalten müssen, wie der Verbraucher dieses verwenden soll, um die beworbene umweltbezogene Leistung erreichen zu können.
Im Fall eine Werbung mit künftigen umweltbezogenen Leistungen muss diese eine fristgebundene Verpflichtung hinsichtlich Verbesserungen der eigenen Abläufe des Werbenden enthalten.
Die konkreten Informationen zu dem umweltbezogenen Claim müssen zusammen mit diesem veröffentlicht werden, entweder in physischer Form, über einen Link zu einer Website oder mittels eines QR-Codes. Hierbei ist mindestens Folgendes anzugeben:
- Umweltaspekte, Umweltauswirkungen oder die Umweltleistung, die Gegenstand der Werbung sind,
- die einschlägigen europäischen Normen oder ggf. einschlägige internationale Standards,
- die zugrundeliegenden Studien oder Berechnungen für die Ermittlung und Überwachung der relevanten Umweltaspekte einschließlich deren Ergebnisse, sowie Erläuterungen zu deren Umfang, Annahmen und Beschränkungen, soweit es sich nicht um ein Geschäftsgeheimnis handelt,
- eine kurze Erläuterung, wie die beworbenen Verbesserungen erreicht werden,
- eine spezielle Konformitätsbescheinigung zur Untermauerung der Angabe (hierzu sogleich) und die Kontaktdaten des Ausstellers der Bescheinigung,
- bei expliziten Umweltangaben mit Klimabezug, die sich auf den Ausgleich von Treibhausgasemissionen stützen, Angaben darüber, in welchem Umfang sie sich auf den Ausgleich stützen und ob sich dieser auf die Verringerung oder den Abbau von Emissionen bezieht, und
- eine verständliche Zusammenfassung der Bewertung in mindestens einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem der Claim verwendet wird.
C. Regelungen zu Umweltlabels
Eingedämmt werden soll künftig die Schaffung von neuen Umweltlabels. Auf nationaler Ebene sollen künftig keine solchen Labels mehr geschaffen werden. Labels von öffentlichen Stellen benötigen in Zukunft die Zustimmung der Europäischen Kommission. Neue private Labels sollen nur noch geschaffen werden können, wenn diese einen zusätzlichen Nutzen für die Umwelt bringen. Sämtliche Labels müssen substantiierte Kriterien enthalten, bestimmte Informationen bereitstellen und ebenfalls von einem unabhängigen Dritten zertifiziert sein.
D. Konformitätsbewertung für Green Claims
Völlig neu und von großer Bedeutung für den Gesetzesentwurf sind die Regelungen in Art. 10 und 11 zur Prüfung und Zertifizierung von umweltbezogenen Aussagen, die von den Mitgliedsstaaten eingeführt werden sollen. Vor der Verwendung eines Green Claims muss dieser künftig von einem unabhängigen Dritten, dem Verifizierer, geprüft worden sein. Gleiches gilt für die Verwendung eines Umweltlabels. Diese Prüfung umfasst insbesondere die Substantiierung der entsprechenden Aussage(n) durch den Gewerbetreibenden. Verläuft die Prüfung positiv, soll über deren Ergebnis ein entsprechendes besonderes Konformitätszertifikat ausgestellt werden, das die Einhaltung der Anforderungen der vorliegenden Richtlinie bescheinigt. Dieses Zertifikat ist sodann von den zuständigen Behörden aller Mitgliedsstaaten anzuerkennen.
E. Sanktionen
Einen Blick wert sind auch die im Entwurf vorgesehen Sanktionen bei Verstößen gegen die neuen Regelungen. Den Mitgliedsstaaten wird aufgegeben, zur Ahndung solcher Verstöße Bußgelder, die Abschöpfung insoweit erzielter Einnahmen und den Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge bis zur Dauer eines Jahres vorzusehen. Beachtlich ist, dass die maximale Höhe eines solchen Bußgeldes mindestens 4 Prozent der Jahresumsatzes des Gewerbetreibenden in den betroffenen Mitgliedsstaaten betragen soll.
F. Fazit
Mit dem neuen Entwurf werden die Möglichkeiten, künftig mit den praktisch immer wichtiger werdenden Green Claims zu werben, spürbar eingeschränkt werden. Das Unternehmen muss nicht nur, wie schon bisher in gewissem Umfang, entsprechende Behauptungen substantiieren. Es muss in Zukunft auch noch einen externen Dritten beauftragen, um sich seinen geplanten Green Claim vorab prüfen und zertifizieren zu lassen. Das wird zu neuen Kosten führen, um diese Anforderungen zu erfüllen.
Ansonsten drohen nicht nur wettbewerbsrechtliche „Daumenschrauben“, sondern darüber hinaus weitere empfindliche Sanktionen. Immerhin steht auf der „Haben-Seite“ eine gewisse Rechtssicherheit, die solche Zertifikate dann (gegenüber Behörden) EU-weit verleihen.
Unternehmen, die Green Claims planen oder für die solche Werbeaussagen heute schon zentral sind, sollten sich auf die absehbaren neuen Anforderungen vorbereiten. Insbesondere kann die Substantiierung der entsprechenden Werbeaussagen heute schon angegangen werden, was natürlich im Übrigen auch heute schon in entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Verfahren von Vorteil ist. Das dürfte dann auch den künftigen formalen Schritt der Zertifizierung eines solchen Claims erleichtern.
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