Im Gegensatz zu den grundsätzlichen Verschärfungstendenzen des EU-Parlaments schlägt der Rat deutlich moderatere Töne an und betont die Bedeutung der praktischen Umsetzbarkeit. In dieser Hinsicht spricht sich der Rat auch für angemessen lange Umsetzungsfristen aus. Nachstehend werden – vergleichbar zur Analyse der Änderungsanträge des EU-Parlaments (wir haben berichtet: Entwurf einer europäischen Batterieverordnung – 1. Lesung im EU-Parlament) – einige Kernthemen des Standpunktes des Rates überblicksartig vorgestellt. Zusammengefasst bleibt der Rat, im Gegensatz zum Parlament, alles in allem wesentlich näher am Vorschlag der EU-Kommission.
Definitionen (Art. 2)
Auch der Rat spricht sich für die Einführung einer eigenen Batterieart für Batterien für leichte Verkehrsmittel aus und definiert diese im Grunde wie das Parlament. In vergleichbarer Weise werden auch Nachschärfungen bei den Definitionen der anderen Batteriearten gefordert, sodass hier ein Gleichlauf der Verhandlungspositionen von Rat und Parlament angenommen werden kann.
Demgegenüber spricht sich der Rat für eine erhebliche Verkomplizierung der Definition des Begriffs „Hersteller“ in Art. 2 Abs. 1 Nr. 37 aus. Zwar scheint der Rat seinen Vorschlag in Anlehnung an die Richtlinie 2012/19/EU (WEEE-Richtlinie) ausgearbeitet zu haben; die Erfahrung zeigt aber, dass genau diese mehrteilige Rollenzuordnung in komplexen Lieferketten immer wieder zu praktisch kaum auflösbaren Rollenkonflikten führt. Hier wäre eine einfache Abgrenzung (wie sie im Kommissionsentwurf ja enthalten ist) aus Gründen der Rechtssicherheit wünschenswert. Dies zumal auch deshalb, weil der Definitionsvorschlag des Rates zu einer weiteren Annäherung des Herstellerbegriffs an den Begriff des „Erzeugers“ aus Art. 2 Abs. 1 Nr. 27 führen würde und sich mithin in mehrfacher Weise Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben würden.
CO2-Fußabdruck (Art. 7)
Der Rat folgt im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Vorgaben zum CO2-Fußabdruck dem Kommissionsvorschlag, wonach diese Regelung nur auf bestimmte Traktions- und Industriebatterien anwendbar sein soll. Demgegenüber spricht sich das Parlament für eine Ausweitung auch auf Batterien für leichte Verkehrsmittel aus.
Allerdings fordert der Rat eine weitere Ausdifferenzierung des zeitlichen Anwendungsbeginns. Zwar lässt der Rat die zeitliche Staffelung des Kommissionsentwurfs hinsichtlich der Intensitätsentwicklung der Vorgaben – zunächst reine Erklärung zum CO2-Fußabdruck, dann Bestimmung von Leistungsklassen und schließlich Höchstwerte – bestehen. Er schlägt aber eine weitere Aufgliederung vor. Demnach sollen die einzelnen Intensitätsstufen zunächst nur für Traktionsbatterien und erst mit jeweils zweijähriger Verzögerung für Industriebatterien gelten.
Recyclatgehalt (Art. 8)
Auch im Hinblick auf die Regelung zu einem verpflichtenden Recyclatgehalt spricht sich der Rat dafür aus, den beschränkten Anwendungsbereich des Kommissionsentwurfs unangetastet zu lassen und diesen nicht – wie vom Parlament gefordert – auf alle Batterien, insbesondere nicht auf Gerätebatterien und Batterien für leichte Verkehrsmittel, auszuweiten.
Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Industrie-, Traktions- und Starterbatterien dürfte dazu beitragen die ohnehin angespannte Situation auf den Sekundärrohstoffmärkten nicht noch weiter zu verschärfen. Allerdings erweist sich ein anderer Änderungsvorschlag des Rates als durchaus problematisch: Während Kommission und Parlament keine Einschränkungen zum Herkunftsbereich der Rezyklate machen, scheint der Rat eine praxisferne Einschränkung dergestalt aufnehmen zu wollen, dass bei Kobalt, Nickel und Lithium nur Sekundärrohstoffe aus bei der Erzeugung anfallenden Abfällen oder aus Verbraucherbabfällen zurückgewonnenen Rohstoffen für die Erfüllung der Rezyklatquote anerkannt werden sollen. Weil es bekanntlich nicht möglich ist, eine solche Differenzierung in der Recyclingpraxis vorzunehmen, ist diesem Vorschlag eine klare Absage zu erteilen. Demgegenüber ist die Quelle für zurückgewonnenes Blei irrelevant.
Entfern- und Austauschbarkeit (Art. 11)
Entgegen dem Kommissionsentwurf, welcher den Geltungsbeginn dieser Vorgaben mit Inkrafttreten der Verordnung vorsieht, sprechen sich Parlament und Rat für eine Übergangsfrist aus, welche der Rat mit 24 Monaten ab Inkrafttreten der Verordnung vorsieht.
Ein grundsätzlich begrüßenswerter, klarer Unterschied der Positionierung des Rates im Vergleich zu den Positionen der Kommission und des Parlamentes liegt darin, dass der Rat eine nachvollziehbare Rollenzuordnung vornimmt. Er ordnet diese Pflicht ausdrücklich denjenigen Wirtschaftsakteuren zu, welche Produkte mit eingebauten Gerätebatterien oder mit eingebauten Batterien für leichte Verkehrsmittel in Verkehr bringen. Nur diese Akteure können die Entfern- und Austauschbarkeit von Batterien letztlich sicherstellen, sodass an dieser Rollenzuordnung zwingend festgehalten werden muss. Andernfalls, also bei Verpflichtung der Batterieerzeuger als solche, drohen für diese unkalkulierbare Haftungsrisiken, da reine Batterieerzeuger oftmals keinen Einfluss auf das Produktdesign haben. Dies ist jedoch der entscheidende Faktor für die Entfern- und Austauschbarkeit einer Batterie. Vor diesem Hintergrund ist die Sinnhaftigkeit einer derartigen Regelung in einer reinen Batterieverordnung, welche ansonsten keinerlei Anforderungen an diejenigen Produkte stellt, die die Batterien enthalten, zwar weiterhin fraglich; der Vorschlag des Rates stellt aber einen großen Schritt in die richtige Richtung dar.
Darüber hinaus enthält der Vorschlag des Rates im Vergleich zum Parlamentsvorschlag keine Rechtfertigungspflicht bei fehlender Entfern- und Austauschbarkeit und auch keine Pflicht der die betreffenden Produkte abgebenden Akteure zur Information im Hinblick auf die Entfern- und Austauschbarkeit.
Mitnahmepflicht der Händler bei Auslieferung
In einem neu einzufügenden Art. 50 Abs. 4a spricht sich der Rat noch wesentlich klarer als das Parlament für eine Mitnahmepflicht für Altbatterien aus leichten Verkehrsmitteln, Starterbatterien, Industriebatterien und Traktionsbatterien bei Auslieferung aus. Diese Regelung geht eindeutig in die Richtung der neuen Verpflichtungen für Vertreiber von Elektrogeräten nach § 17 Abs. 1 und 2 ElektroG. In Anbetracht der erheblichen organisatorischen und logistischen Schwierigkeiten, die diese Regelung für Vertreiber mit sich bringt, bedarf die Einführung einer solchen Pflicht des besonderen Fingerspitzengefühls des Gesetzgebers, der dabei die praktischen Möglichkeiten berücksichtigen muss.
Nachdem schon das für die Novelle des ElektroG federführende deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz die erheblichen Schwierigkeiten der Umsetzung einer solchen Forderung unmittelbar erfahren hatte, sah es sich letztlich gezwungen, die gesetzlichen Anforderungen mittels kreativer Auslegungshinweise auf ein einigermaßen praktikables Niveau zurückzuschneiden, kann nur an die deutsche Politik und Wirtschaft appelliert werden, sich für eine praktikable Lösung dieser Thematik einzusetzen. Sollte es bei einer derart pauschalen Formulierung bleiben, wie sie der Rat vorgeschlagen hat, sind teilweise unlösbare Aufgaben für die betroffenen Händler vorprogrammiert.
Ausblick
Zwar sind die Positionen des Rates in einer Gesamtschau erwartungsgemäß moderater als diejenigen des Parlamentes; es werden aber auch durch die positiven Ansätze des Rates nicht alle für eine praktikable Umsetzung hinderlichen Punkte ausgeräumt. Einige Forderungen des Parlaments, wie beispielsweise die Prüfungen in Bezug auf die Einführung einheitlicher Ladegeräte und die Einführung einer Pfandpflicht, werden vom Rat gar nicht rezipiert.
Im Lichte der vorliegenden Positionen der am Gesetzgebungsverfahren direkt beteiligten EU-Institutionen dürfte es nun zu spannenden Trilogverhandlungen kommen. Weil offenbar der gemeinsame Wille zu einer „Revolution“ des Batterierechts besteht, kann die Prognose gewagt werden, dass ein Scheitern des Projektes alles andere als wahrscheinlich ist.
Der vollständige Beschlusstext ist HIER abrufbar.
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