Ende 2019 hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Kodex zur Durchführung von Rückrufaktionen (im Folgenden „Kodex“) veröffentlicht. Er ersetzt den alten Kodex zur Ausführung des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) mit Stand November 2011. Weil das KBA zentrale produktsicherheitsrechtliche Zuständigkeiten nach dem Gesetz über die Bereitstellung auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz – ProdSG) vom 08.11.2011 für alle dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) unterfallenden Produkten hat, lohnt der Blick in die Veröffentlichungen des KBA. Mit dem vorliegenden Kodex verfolgt das KBA das Ziel, sein Handeln bei der Durchführung von Rückrufen transparent zu machen. Die Veröffentlichung ist vor diesem Hintergrund naturgemäß für die Automotive-Industrie mit Blick auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile von besonderem Interesse – vom StVG werden freilich insbesondere auch E-Bikes in Gestalt von S-Pedelecs erfasst.
Praktisch wichtig ist die folgende Klassifizierung von Rückrufen:
- freiwilliger Rückruf (2.2.4.1)
- überwachter Rückruf (2.2.4.2)
- angeordneter Rückruf (2.2.4.3)
Was den freiwilligen und den überwachten Rückruf anbelangt, verweist das KBA bezüglich der vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur ergriffenen Maßnahmen auf den Abschnitt 2.6 des Anhangs I des Kodex. Dort im Anhang I werden die besonderen Bedingungen für überwachte und angeordnete Rückrufe statuiert. Verantwortliche Wirtschaftsakteure sind im Übrigen Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler (2.2.1). Gerade im Rückrufrecht spielt das ernste Risiko eine herausgehobene Rolle – laut Kodex ist bei dieser Risikokategorie ein rasches Eingreifen der Marktüberwachungsbehörde erforderlich, wobei diesem Ergebnis eine angemessene Risikobewertung zugrunde liegen muss (2.2.3). Wenn ein solches Risiko vorliegt, verlangt das KBA eine maximale Erfüllungsrate. Die vom KBA akzeptierte Erfüllungsrate richtet sich nach dem inkriminierten Produkt und den damit verbundenen objektiven praktischen Gegebenheiten (z.B. der Erreichbarkeit der Produkte mit einem ernsten Risiko bzw. der Besitzer; 2.2.5). Wenig überraschend sind zum Zwecke der Erreichung der maximalen Erfüllungsrate typischerweise die Halter aller betroffenen Fahrzeuge zu informieren. Die Halterdaten aus dem Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) sind damit weiterhin ein zentrales Instrument für die effektive Durchführung eines Rückrufs in der Automobilindustrie. Hervorgehoben wird im Kodex übrigens auffallend oft die Meldepflicht für Verbraucherprodukte gemäß Art. 6 Abs. 4 ProdSG. Für entsprechende Meldungen an das KBA gibt es sogar ein Formblatt in Anlage 9 des Kodex.
Fazit: Bei (drohenden) Feldaktionen im Zuständigkeitsbereich des KBA, d.h. insbesondere bei Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, aber auch S-Pedelecs, wird der neue Kodex des KBA weiterhin ein bedeutsames Hilfsmittel für die Praxis sein. Die Orientierung an den Vorgaben des KBA dürfte erfahrungsgemäß einen zentralen Beitrag dazu leisten, einen Rückruf in guter Kooperation mit dem KBA durchzuführen.
Link zum Dokument: KBA-Kodex zu Rückrufaktionen
Zur Vertiefung: Schucht, DVBl. 2017, 1129 ff.; ders., EuZW 2018, 141 ff.
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