Im Hinblick darauf, dass die Lieferketten bei PSA (insbesondere Gesichtsmasken, Schutzanzüge und Schutzbrillen) und Medizinprodukten (insbesondere Operationsmasken, Untersuchungs-handschuhe und gewissen Arten von Kitteln) derzeit stark unter Druck geraten, hat die Kommission am 13.03.2020 eine Empfehlung im Amtsblatt der EU (vom 16.03.2020) veröffentlicht, um diese Produkte rasch für jene Personen verfügbar zu machen, die sie derzeit besonders dringend benötigen. Angesprochen werden damit medizinische Fachkräfte, Ersthelfer und sonstige Kräfte, die an den Bemühungen zur Eindämmung des Virus und der Verhinderung von dessen weiterer Ausbreitung beteiligt sind. Zum Schutz vor schädlichen biologischen Agenzien wie etwa Viren bestimmte PSA sind in Anhang I der Verordnung (EU) 2016/425 (sog. PSA-Verordnung) als Kategorie III aufgeführt, die ausschließlich die Risiken umfasst, die zu sehr schwerwiegenden Folgen wie Tod oder irreversiblen Gesundheitsschäden führen können. Was die Medizinprodukte anbelangt, fallen die nicht-invasiven Produkte wiederum in Klasse I, sofern nicht spezifische Vorschriften gelten.
Im Hinblick auf das Ziel, die Verfügbarkeit von PSA und Medizinprodukten während der Corona-Krise zu gewährleisten, werden erstens die Wirtschaftsakteure in der gesamten Lieferkette, zweitens die sog. notified bodies und drittens die Marktüberwachungsbehörden aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die EU-weite Versorgung mit PSA und Medizinprodukten an die stetig steigende Nachfrage anzupassen. Ungeachtet der mit Hochdruck in Angriff zu nehmenden Bemühungen der beteiligten Akteure muss weiterhin sicherstellt werden, dass die betreffenden PSA und Medizinprodukte die Gesundheit und Sicherheit der Nutzer unverändert angemessen schützen.
Praktisch besonders wichtig sind die folgenden Empfehlungen der Kommission:
- Vorrang der Konformitätsbewertung für PSA, die für den Schutz vor dem Corona-Virus notwendig sind, und zügige Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens durch die notified bodies
- Heranziehung von WHO-Empfehlungen durch die notified bodies, wenn keine technischen Lösungen aus harmonisierten Normen angewendet werden, und ihre Nutzung als technische Referenz
- bei Medizinprodukten soll in den EU-Mitgliedstaaten über Ausnahmen von den Konformitätsbewertungsverfahren nachgedacht werden, auch wenn kein notified body eingeschaltet werden muss
- marktüberwachungsrechtlich soll der Fokus auf nicht-konformen PSA und Medizinprodukte gerichtet werden, von denen eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit des jeweiligen Benutzers ausgeht
- befristet soll das Inverkehrbringen von PSA und Medizinprodukten, die aufgrund von Compliance mit den jeweiligen grundlegenden Sicherheitsanforderungen ein angemessenes Gesundheits- und Sicherheitsniveau gewährleisten, marktüberwachungs-rechtlich akzeptiert werden, selbst wenn das Konformitätsbewertungsverfahren noch nicht vollständig durchgeführt oder die CE-Kennzeichnung noch nicht angebracht ist
- bei fehlender CE-Kennzeichnung der PSA bzw. des Medizinprodukts ist jedoch sicherzustellen, dass eine Abgabe insbesondere nur an medizinische Fachkräfte erfolgt
Fazit: Die in Rede stehende Empfehlung der Kommission dürfte ad hoc die Praxis der Konformitätsbewertung bei solchen PSA und Medizinprodukten verändern, die derzeit für die Bewältigung der Corona-Krise benötigt werden, und zwar dahingehend, dass erstens die notified bodies die Bearbeitung der eingereichten Anträge mit Priorität angehen und zweitens andere technische Lösungen als jene, die in harmonisierten Normen zugrunde gelegt werden, einfacher akzeptiert werden. Darüber hinaus dürfen sichere und für die Bewältigung der Corona-Krise erforderliche PSA und Medizinprodukte befristet auf dem Markt bereitgestellt werden, auch wenn das jeweilige Konformitätsbewertungsverfahren unter Einschluss der CE-Kennzeichnung noch nicht abgeschlossen ist.
Link zum Dokument: Empfehlung (EU) 2020/403
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